Mittwoch, 18. August 2010

Von Henrik Larsson und Michel aus Lönneberga - ein Spielbericht aus Schweden

Jeder fängt mal klein an. Das ist im täglichen Leben so und deshalb natürlich auch im Fussball. Dort gilt diese Floskel für Spieler, Manager und ganz besonders für Trainer. Nicht wenige Größen des Trainergeschäfts haben ihre Karriere bei einem "kleinen" Verein begonnen (z.B. Felix Magath 1992 beim FC Bremerhaven). So eine Trainerlaufbahn wie die von "Quälix", hat sicherlich auch Henrik Larsson vor Augen. Der womöglich beste schwedische Fussballer aller Zeiten hat im Alter von 38 Jahren die Fussballschuhe an den berühmten Nagel gehängt und widmet sich jetzt dem Trainergeschäft. Aber davon, auf der Trainerbank seiner Ex-Clubs Barca oder Celtic zu sitzen, ist er noch weit entfernt. Larsson muss erstmal kleinere Zimtbrötchen backen (eine schwedische Spezialität) - und das tut er auch, bei Landskrona BoiS.
Schweden ist groß - nicht sonderlich breit, aber dafür endlos lang. Würde man das Land an seiner Südspitze umklappen - es würde bis nach Sizilien reichen. Fast ganz im Süden, am Öresund und damit quasi gegenüber von Kopenhagen, liegt die kleine Stadt Landskrona. Sie ist allenfalls bekannt für ihre alte Zitadelle, sonst bestimmt Industrie die Region. Auf der schwedischen Fussballlandkarte ist das 28.000 Einwohnerstädtchen aber mit einem dicken Punkt verzeichnet. BoiS war lange Erstligist, holte 1972 sogar den nationalen Pokal. Da lohnt es also durchaus mal vorbeizuschauen.
Dass es dazu kam, habe ich der "KNÄLLSposten" zu verdanken. Das ist so ungefähr die "BILDung" Schwedens - aber mit ganzen 15 Seiten Sport. Zwischen den fetten, Überschriften, war auch das Programm der 2.Liga, der sog. "Superettan" abgedruckt. "I dag: Landkrona - Östers If". Glücklicherweise verriet mir mein Wörterbuch, dass "I dag" nicht irgendeine Eissorte ist sondern soviel wie "heute" bedeutet. Wir waren gerade ganz in der Nähe - also nix wie hin da!

Der Bahnhof liegt mitten im Industriegebiet. Zum Glück waren im Zug erkennbar Fussballfans, sodass man ihnen nur zu folgen brauchte. Der Bus zum "Indrottsplats" war kostenlos - wunderbar! Die Fussballfans - in rot und blau gekleidet - waren Fans von Östers IF, den Gästen am heutigen Abend. Sehr sympatisch zeigten sie uns, wo wir Tickets kaufen konnten. Für 100 Kronen, rund 10,50 Euro, kamen wir rein, die Ordner standen Spalier und machten keine Anstalten, uns auch nur einmal abzuklopfen - sehr angenehm.
Klar, mit vollem Magen guckt sich ein Fussballspiel natürlich besser, also ganz fix zum Wurststand. Von Bratwürstchen oder gar Currywurst jedoch keine Spur - dafür Ikea-Hotdog Lightversion, ohne Ziwebeln und doppelt so teuer. Als Entschädigung gibts aber Senf und Ketchup en masse, wie man auf dem Foto sieht. Ach ja, und wer dachte in Schwerde würde man nur schwer an Bier rankommen - hier bekommen wir den Gegenbeweis, auch wenn die Brühe vielleicht nur 2,5 Prozent hatte.
Die Gegengerade ist sehr steil (und gepflastert - sowas brauchen wir bei 85 auch!!!) und war gut gefüllt (3.500 Fans insgesamt am heutigen Abend). Witzigerweise saßen die meisten, auch wenn alles Stehplätze waren.
Die Heimfans brachten ihre Fahnen schonmal in Position - schwarz-weiß. Das erinnerte doch glatt an die Heimat. Zum Einlauf der Teams dröhnte die Vereinshymne aus den Lautsprechern und der Stadionsprecher verlaß enthusiastisch die Aufstellung. Karlsson, Svensson, Bengtsson, Andersson - keine Überraschung, fast alle Spieler waren "sons". Eine Überraschung stand jedoch auf dem Platz: Amethyst Bradley Ralani - Spitzname "Surprise". Der südafrikanische Stürmer von Landskrona zeigte sich in grandioser Form und verzauberte uns Zuschauer mit feinen Pässchen in die Tiefe und einem wudnervollen Traumtor aus 25 Metern von rechts in den linken Winkel. Das hätte sogar Henrik Larsson nicht besser machen können (am liebsten hätte ich Surprise gleich mit nach Bergedorf genommen:-). Schon in der 1.Hälfte hätten die Gastgeber hoch führen müssen, aber zur Pause stands nur 1:0. Richtig Laune machten dann die zweiten 45.Minuten - richtig flotter Fussball und drei weitere Tore. Jedes natürlich frenetisch gefeiert von garnicht nordländisch verhalten auftretenden Schweden. Als Zusatzservice wurden nach jedem Treffer die dazugehörigen Wettquoten durchgesagt. Das gibts nicht mal im wettverrückten England.

Der verdiente Heimsieg - das bestätigten uns nach dem Spiel sogar die Gästefans - katapultierte BoiS (übrigens Abkürzung für: Boll- och Idrottssällskap - keine Ahnung, was das heißt :-) rauf auf Platz 3. Das wusste wohl auch der kleine Fan auf dem Foto. Denn mit seinem blonden Haarschopf sieht er nicht nur so aus wie der berühmte Michel aus Lönneberga. Keck wie Astrid Lindgrens Kinderfigur stieg er auf die Spielfeldbegrenzung und verfolgte die letzten 20 Minuten ganz nah am Geschehen. Und wer weiß, vielleicht darf er im November (die Saison in Schweden geht immer von März bis November) ja den Aufstieg in die 1.Liga, der "Allsvenska" bejubeln. Bestimmt ein klein bisschen mehr jubeln würde Henrik Larsson. Denn sollte das klappen, würde Landskrona wie erhofft zu seinem Sprungbrett ins "große" Trainerdasein werden - und die Coachingzone vom Nou Camp oder Celtic Park würden ein klein wenig näher rücken...

Ein besonderes Danke Danke an die Fans von Östers IF, ohne die wir den Weg ins Stadion wohl nicht so schnell gefunden hätten und die uns viel über den schwedischen Fussball erzählen konnten. (a special Tack Tack to the Östers IF supporters. Thanks for your help with finding the ground and for telling us a lot about svenska fotboll.

3 Kommentare:

  1. Heja, ein erfrischender Bericht !!!
    Kleine Anmerkung zum erwähnten Felix Magath: Wenn nicht der damalige Manager Kai Gosebeck sich "verplappert" hätte, wäre der Felix wohl als Trainer zu 85 gekommen und nicht nach Bremerhaven.So passte es dem schon damals konsequenten Magath nicht, dass sein Name bevor der Vertrag unterschrieben war, an die Öffentlichkeit kam und sagte kurzerhand den Elstern ab.

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  2. Haha, schon damals wurde bei 85 viel Mist verzapft

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  3. Danke für einen großartigen Artikel.
    Östers IF!

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