Mittwoch, 30. Oktober 2013

Bergedorf – Ein Sommermärchen

Am vergangenen Montag zogen orkanartige Windböen über Nordeuropa.
Rückblende:
Bergedorf, Montag, den 22.7.13
Es ist heiß an den Sander Tannen und das Klubhaus ist voll.  Bei fast 32 Grad Celsius im Schatten schwitzen die Kameraleute. Vor Ihren Objektiven:  Dietmar Demuth, der auf dem Rasen der Sander  Tannen Rede und Antwort steht.
Zuvor gab es eine Pressekonferenz im prunkvoll hergerichteten Klubhaus von Bergedorf 85. Der ehemalige St. Pauli Coach eingerahmt vom kommissarischen  1. Vorsitzenden Ingo Arndt-Granderath und dem Manager Hakan Karadiken.

Weitere vier Wochen zurück: Mittwoch, der 21.Juni, abends  ebenfalls Klubhaus Bergedorf 85. Den ganzen Tag über schwebt eine drückende Schwüle über Hamburg. In dem Sitzungssaal schwitzt der aktuelle Vorstand. Es geht darum zu schlichten.  Mit Erfolg! Der damalige Trainer Kevin Strohbach und der Manager gelobten gute Zusammenarbeit. Dieses Versprechen hielt nur eine Nacht. Jedenfalls kündigte der Trainer aufgrund eines „Vorfalls“  sofort.
Die nächste Krisensitzung wurde einberaumt. Der Manager zog ein ASS aus dem Ärmel und  rettete vermutlich so seinen Job: Dietmar Demuth soll neuer Trainer bei 85 werden. Zur Finanzierung wurde eine kreative „Stellenbeschreibung“ aus dem Hut gezaubert: Trainer, Wirt und Trainerausbilder.
Vor diesem Hintergrund schien der versprochene Wiederaufstieg „nächstes Jahr wieder Oberliga“ realistisch. Kurze Zeit heile Welt in Bergedorf.

Bergedorf, 14. August 2013
Wechselhaftes Wetter bei angenehmen Temperaturen so um die 20 Grad Celsius. Nachmittags wird durch eine Nachricht die heile Welt erschüttert: der komm. 1. Vorsitzende I-A-G tritt mit sofortiger Wirkung zurück. Hauptgrund: Ihm sollen wichtige Informationen über die tatsächliche finanzielle Lage im Verein vorenthalten worden sein. I-A-G sah sich in Anbetracht der roten Zahlen nicht in der Lage „den Verein zu retten“

Was viele ahnten, aber nicht wahrhaben wollten, wurde endlich ausgesprochen! RUMS !!!
 Es folgten heftige Dementis der noch verbliebenen Vorstandskollegen. Der Manager pries sein kaufmännisches Know how an und relativierte die Lage sinngemäß so: wir haben nur 11.000 EUR Schulden, der Rest seien langfristige Verbindlichkeiten.

Sportlich lief es anders als erwartet. Präsentierten sich die Elstern im zweiten Punktspiel bei Cordi noch als eingeschworene Einheit, war in den darauffolgenden Spielen davon immer weniger zu sehen.  Vielleicht war ein  weiterer „Vorfall“  der Auslöser? Jedenfalls verließ mit Alessandro Schirosi , ein sportlicher Hoffnungsträger, Hals über Kopf den Verein.

Der Trainer hielt an seinem Vorhaben jedoch fest und erwähnte immer wieder, dass er längerfristig beim Traditionsverein arbeiten möchte, auch wenn er die Qualität des Kaders bemängelte.
So fehlte es an Alternativen im Angriff und es gab auch keinen Ersatztorwart. Gut, dass der etatmäßige Keeper so zuverlässig hält.

Freitag, 25.10.2013
Der zwischenzeitlich auf einer turbulenten bis chaotischen Mitgliederversammlung gewählte 1. Vorsitzende Mato Mitrovic erklärt den Spielern der ersten Herren, dass aufgrund akuter Geldprobleme die Spieler bis Jahresende kein Geld mehr erhalten können. Die Spieler versprechen, trotzdem für 85 weiter aufzulaufen.

Zurück zum so stürmischen Montag:
Einen Tag zuvor wurde ein weiteres Lokalderby gegen den SC Schwarzenbek mit 3.4 verloren (aufgrund einer roten Karte muss der Torwart der Kreisligaelf aushelfen, macht seine Sache aber gut). 85 steht auf einen Abstiegsplatz und es findet ein Paradigmenwechsel in den Statements vom Trainer Dietmar Demuth statt. Kein klares Bekenntnis mehr zum Verein. Sehr deutlich lässt er im Abendblattinterview seine Unzufriedenheit auch bezüglich der Zusammenarbeit mit dem Manager heraushören.
Als es zu einer Vorstandssitzung kommt, hat sich der Sturm in Hamburg etwas gelegt. Im Vereinshaus erklärt Dietmar Demuth wohl dann dem Vorstand  , dass er nicht mehr Trainer in Bergedorf sein möchte.
Diesem Wunsch wird entsprochen und der Manager soll das Team bis zur Winterpause coachen. Dieser könne sich auch eine längere Arbeit als Trainer vorstellen erklärt er, außerdem versprach er zum neuen Jahr, neue Sponsoren.

Tim Scharfenberg (Redaktion 85live)


Mittwoch, 16. Oktober 2013

Bundestagsabgeordneter Matthias Ilgen engagiert sich für 85 : „Wir brauchen ein überarbeitetes Marketingkonzept und müssen das Vertrauen alter und neuer Sponsoren gewinnen“




Am vergangenen Sonntag besuchte Matthias Ilgen schon die Sander Tannen. Der Politiker zog für seine Partei SPD in den Bundestag ein, machte vor allem in den letzten Wochen Schlagzeilen wegen seines ungewöhnlichen Hobbys: Er ist ein Wrestler !!!
85live führte ein Interview mit Matthias Ilgen:


85live: Peer Steinbrück hält Sie für ein hoffnungsvolles politisches Talent, überrascht es Sie, wenn einige Fans und Verantwortliche von Bergedorf 85 viel Hoffnung in Ihre Person setzen?
Matthias Ilgen: Ich denke, die Bergedorfer setzen mehr auf meine Marketingfähigkeiten und meine Erfahrung beim Aufbau starker Markenprodukte. Bergedorf 85 ist ein toller Verein, der lernen muss, sich wieder besser zu vermarkten.
85live: Sie waren am Sonntag an den Sander Tannen. Dort spielte 85 gegen Vorwärts Wacker Billstedt. Sie wohnten mal in Billstedt. Für wen schlug Ihr Herz? Was sagen Sie zum Spielgeschehen?
Matthias Ilgen: Mein Herz schlägt für Bergedorf, deswegen engagiere ich mich auch hier! Natürlich war das spannend gegen das Team aus Billstedt. Ich hatte leider das Gefühl, dass das Schiedsrichtergespann nicht den besten Überblick hatte und so mit den umstrittenen Elfmeterentscheidungen das Spiel zerpfiffen hat.
85live: Die Bergedorfer Zeitung berichtet in ihrer Montags-Ausgabe, dass Sie sich bei 85 engagieren möchten. Sie sagten "der Platz sei eine Katastrophe, das Marketing ausbaubar".  Warum Bergedorf 85. Was verbindet Sie mit diesem Verein? Welche Personen kennen Sie von 85?
Matthias Ilgen: Bergedorf ist ein Stadtteil in dem ich schon früher viel Unterwegs war. Ich kam über den Spieler Daniel Schaible in Kontakt mit dem 2. Vorsitzenden, Hakan Karidiken, der mich um Unterstützung bat. Wir haben uns auf Anhieb gut verstanden und teilen eine Vision für den Verein, nämlich den Aufstieg zurück an die sportliche Spitze. Ich habe Dietmar Demuth persönlich kennengelernt und bin überzeugt, dass es mit ihm als Trainer auch gelingen kann. Das zeigen die ersten guten spielerischen Ansätze. Die Mannschaft zeigt Herz und Kampfgeist, das gefällt mir!
85live: Wie könnte konkret eine Hilfe aussehen?
Matthias Ilgen: Wir brauchen ein überarbeitetes Marketingkonzept und müssen das Vertrauen alter und neuer Sponsoren gewinnen, dass wir uns auf den richtigen Weg gemacht haben. Ohne Geld geht leider auch im Amateurbereich heute nichts mehr. Außerdem müssen wir die Vereinsmitglieder als Basis wiedergewinnen, die das Stadion füllt. Das ist eine lange Wegstrecke, aber wir machen uns da dran.
85live: Sie wohnen in Nordfriesland bzw. oft in Berlin. Steigen Sie dann manchmal in Bergedorf aus, um für 85 was zu tun?
Matthias Ilgen: Heute kann man in meinem Gewerbe das meiste am PC/Laptop machen. Aber ja, jeder Politiker braucht auch ein Hobby – Fußball gucken gehörte bei mir immer dazu. Und es freut mich, wenn ich etwas für den Verein machen kann, das hilft.
85live: 85 hat eine lange Tradition. Gerade hat ein langjähriger Elstern-Fanganz persönlich von 60 Jahre Fandasein bei uns im Blog berichtet. Seit Jahren sind die Fußballer von 85 nur noch negativ in den Schlagzeilen. Finanzen, Unehrlichkeit bei Regionalligabewerbung, Ungereimtheiten im Paßwesen und und und.. Schreckt Sie das nicht ab?
Matthias Ilgen: Nein, das Leben ist nicht immer schwarz oder weiß, sondern jeder Mensch hat Grautöne. Wichtig ist, dass der neue Vorstand hier eine klare Linie vorgibt und den Weg konsequent geht. Der Fußball bietet den jungen Menschen eine Chance ihrem Milieu etwas zu entfliehen, auf ein Ziel hinzuarbeiten und ggf. auch entdeckt zu werden, wenn sie sich anstrengen. Sport hilft einfach sich zu fokussieren und oft auch das Leben zu ordnen!
85live: Kurz noch zur Politik:  Sie sind als Verfechter der traditionellen Arbeiterwerte in der SPD bekannt. Wäre eine Große Koalition diesbezüglich zu begrüßen oder raten sie lieber davon ab?
Matthias Ilgen: Naja, als Selbständiger ist man in meiner Partei eher ein Exot (lacht). Es ist aber richtig, dass wir in diesem Wahlkampf klar gemacht haben, dass die soziale Schieflage im Land beendet werden muss. Hiermit haben wir in Hamburg und Schleswig-Holstein ja auch ganz ordentliche Ergebnisse geholt. Aber klar ist, die SPD kann nur in eine Regierung gehen, in der z. B. der flächendeckende Mindestlohn von 8,50 Euro durchgesetzt wird. Gerade im Hamburger Osten hilft das wirklich vielen Menschen, die in Armut leben müssen. Wenn wir den Menschen konkret vor Ort helfen, werden wir das Vertrauen – das uns leider derzeit noch fehlt – auch wieder zurückgewinnen und in Zukunft die Bundestagswahl auch wieder gewinnen. Aber die SPD muss sich kümmern!
85live: Letzte Frage: Nervt es Sie, immer auf Ihr Hobby angesprochen zu werden?
Matthias Ilgen: Nein, Wrestling ist immer Teil meines Lebens gewesen. Ich stehe zu dem was ich tue, ich liebe diesen Sport und habe viel Freude daran. Außerdem hat es mir die Möglichkeit gegeben, in kürzester Zeit der bekannteste neue Abgeordnete Deutschlands zu werden. Das ist ein gutes Sprungbrett auch für die große Politik. Da muss man dann allerdings mit seinen Aktivitäten und Inhalten punkten. Deshalb will ich mich vor allem in der Wirtschaftspolitik engagieren.
85live:  Vielen Dank für das Interview !!!




Foto: Autorisiert durch Matthias Ilgen
Interview:
Tim Scharfenberg
Redaktion 85live

Sonntag, 6. Oktober 2013

Die Elstern – ein persönlicher Bericht

Autor:  Hans-Martin Lippold


1954
Die WM ist vorbei und ich hatte so meine erste Begegnung mit dem Fussball  .Fernsehen war kaum verbreitet, also haben Großvater, Vater und Sohn ( also ich ) am Radio der Reportage von Herbert Zimmermann gelauscht. Was habe ich mitgenommen ? Selbst nach einem 0 : 2 Rückstand ist ein Spiel noch nicht verloren.
Der 3 : 2 – Sieg hat große nationale Gefühle freigesetzt und viele kluge Leute sprachen von einer zweiten Staatsgründung – man ist ja nun wieder wer.


1956, 1957
Bei den Eltern war Wohnungssuche angesagt – mieten, kaufen, bauen .Dies ging natürlich einher mit ausgedehnten Spaziergängen durch Reinbek. Meine Begeisterung hat sich in Grenzen gehalten. Bei unseren Spaziergängen sind wir regelmäßig am Reinbeker Sportplatz ( hinter dem Sachsenwaldgymnasium ) vorbeigekommen. Das hat ja nun doch meine Neugier geweckt : die TSV Reinbek als Gastverein, die Gegner waren damals HAMWARDE, WRSC, GÜLZOW;, BILLSTEDT – HORN u.A. in der Bezirksklasse Staffel Bergedorf .
Das waren teilweise recht rustikale Darbietungen: als die TSV Reinbek und der WRSC – später SC Wentorf als Tabellennachbarn um die Meisterschaft und  somit um den Aufstieg spielten, wurde der Schiedsrichter von Renbeker Zuschauern tätlich angegriffen. Das Spiel wurde abgebrochen und am Ende der Saison stieg der WRSC auf.
Weitere Spiele habe ich mir in Reinbek nicht mehr angesehen.

Um meinem Ruf als „Bewegungsmuffel“ entgegenzutreten  ,bin ich irgendwann in die Judoabteilung der Bergedorfer Turnerschaft v. 1860 – BT 60 eingetreten.
Eine ganz tolle Zeit !!
Weniger wegen der Vermittlung und Einübung körperlicher Gewandtheit.
 Nein !
Viel wertvoller war die Vermittlung von Werten und Idealen wie sportlicher Anstand, Respekt und Achtung vor dem Gegner und absolute Fairneß übertragen auf das Leben jenseits der Judomatte. Hans Hoffmann – Träger des Schwarzgurtes – und Walter Goldmann haben hier über den Tag hinaus Vorbildliches geleistet.
Nachdem mir eine Brille verordnet wurde, konnte ich den Judosport nicht mehr ausüben.

1958
In der Hamburger Amateurliga – von deren Existenz ich nun auch endlich Kenntnis genommen hatte, spitzte sich die Meisterschaftsentscheidung zwischen 85, UNION 03  und dem TSV UETERSEN zu. Am Ende hatten die Elstern die Nase vorn.

In Bergedorf brach nun kollektives Fieber aus : Aufstiegsspiele zur Oberliga Nord standen vor der Tür und es gab nur ein Gesprächsthema: Fussball !
Überall klebten Plakate als Hinweis auf das erste Spiel gegen den BREMER SV. Auffällig die Bezeichnung der Spielstätte : Sportplatz Billtal anstelle von Billtalstadion.
Zum Spiel:
Vor ca. 8000 Zuschauern gingen die Elstern zweimal in Führung, doch der BSV konnte zweimal ausgleichen. BSV – Torwart Stephan hatte einen Glanztag. Für mich ein unbefriedigendes Ergebnis, man geht frustriert nach Hause – aber es sollten ja noch weitere Spiele folgen.

Dann kam das Spiel gegen den ITZEHOER SV: es gab ein 1 : 7 , für mich brach eine Welt zusammen, ein niederschmetterndes Ergebnis.
 Torwart Manfred Lüneburg mußte verletzt aus dem Tor genommen werden und wurde durch Karl – Heinz Pörschke ersetzt werden. Ich glaube, Walter Krüger musste auch verletzt rausgenommen werden.
 Immerhin: das 1 : 7 war nicht Resultat einer spielerischen Überlegenheit des ISV, sondern war auf die beschriebenen Umstände zurückzuführen.

Gegen Mibewerber ARMINIA HANNOVER wurden in der Folgezeit beide Spiele gewonnen, ebenso das Rückspiel gegen den BSV.

In Bergedorf herrschte eine unfassbare Stimmung, es gab nur ein Thema: das alles entscheidende Rückspiel gegen den ISV.
Was ging einem nicht alles durch den Kopf – wie kommt man am besten ins Billtalstadion ? Zu Fuß – mit dem Fahrrad  -bei einem Mopedbesitzer auf dem Gepäckträger – per Anhalter – ein gravierendes Problem.
Schliesslich entschieden wir ( mein Schulkamerad und ich ) für einen langen Spaziergang von Reinbek durch das Bergedorfer Gehölz zum Stadion – oberer Eingang. Eventualitäten – Sichtbehinderung durch lange Vorderleute hatten wir durch frühzeitiges Erscheinen im Stadion ausgeschlossen.
Bei herrlichem Wetter waren schon ein tausende im Stadion, Plakate und Transparente wurden -  auch von ISV – Anhängern -  mitgeführt.
ES IST GOTTES WILLE, DER SIEGER KOMMT VON DER BILLE war einer der markantesten Texte.
Ich glaube, um 15:00 wurde das Spiel vor 18000 Zuschauern angepfiffen und es begann ein Spiel, das kein Anhänger der Elstern jemals vergessen wird. Eine unbeschreibliche, sagenhafte Stimmung, Euphorie, Begeisterung – es fehlen die Worte um dies zu beschreiben.

Nach 30 Minuten führten die Elstern 3 : 0, nach dem 3 : 1 verwandelte Wolfgang Herder einen Elfmeter zum 4 : 1, am Ende hieß es 5 : 2 für die Elstern.
Es waren unbeschreibliche Szenen, die sich nach dem Abpfiff abspielten, Zuschauer stürmten auf das Spielfeld und trugen die Spieler auf den Schultern vom Platz. Das Billtalstadion versank in einem Meer von Freude, Jubel und Begeisterung.
Einen größeren Tag hat Bergedorf noch  nicht erlebt.

Die Bergedorfer Festwochen waren noch nicht vorbei.
Mit einem 3 : 0 gegen Mitaufsteiger VFV HILDESHEIM wurden die Elstern norddeutscher Amateurmeister und zogen nach einem 6 : 2 über den saarländischen Vertreter VFB THELEY in das Finale um die deutsche Amateurmeisterschaft ein.
Die lange und kräftezehrende Saison hatte bei den Elstern Spuren hinterlassen und so unterlagen sie dem Westfalenmeister FV 09 HOMBRUCH in der Dortmunder Kampfbahn Rote Erde mit 1 : 3
Eine ganz grosse Saison ist zuende gegangen !

Ein Rasenplatz für die Oberligaspiele stand nicht zur Verfügung. Überlegungen, das Billtalstadion mit Rasen auszustatten wurden nicht realisiert mit der Begründung, daß das Billtalstadion ja auch für den Schulsport genutzt wird. Ein haarsträubendes Argument!! ( nach gut 50 Jahren gab es immerhin einen Kunstrasenbelag – Sportstadt Hamburg ).
Für die Spielzeit 1958 / 59 wurde den Elstern für das Billtalstadion eine Sondergenehmigung erteilt.

Die Saison konnte beginnen.

Die Elstern mit den Großen des norddeutschen Fussballs in einer Spielklasse! – HSV, WERDER BREMEN,EINTRACHT BRAUNSCHWEIG, HOLSTEIN KIEL, DC St. Pauli und wie sie alle hießen.
Jeder Spieltag war ein Feiertag.
Unser Klassenlehrer aus der Mittelschule war auch ein Elsternfan und so tagte bei Heimspielen in Höhe der Mittellinie stets ein „Sachverständigenrat“
Von den insgesamt 75 Oberligaheimspielen habe ich gut die Hälfte gesehen.

Nach dem Aufstieg wurde die Mannschaft verstärkt.
Heinrich Kokartis, ein ganz ausgezeichneter Torwart kam vom HEBC, Ernie Jordan über den SC SPERBER von SuS BERGEDORF und vom FC St. PAULI kam Kurt Röwe, ein ganz erfahrener Routinier.
Der Zuschauerzuspruch war gewaltig, im ersten Oberligajahr kamen im Durchschnitt ca. 10000 Zuschauer zu den Spielen, allein gegen den HSV waren es übern 25000. Den Torjubel beim 1 : 0 für die Elstern durch Erwin Ihde konnte man bis nach Reibek hören.
Der HSV gewann damals mit 4 : 1

Vor dem Spiel gegen WERDER BREMEN hat uns unser Klassenlehrer einen Spielbericht gegen genannten Gegner als Aufsatzthema aufgegeben.
Bis zur 81. Minute lag ich mit meiner Prognose ( 4 : 0 für die Elstern ) noch richtig, dann fielen noch drei Tore und am Ende hieß es vor 10000 Zuschauern 5 : 2 für die Elstern.
Diese kleine Episode zeigt auf daß der Fussball allerorten präsent war und tatsächlich teil des täglichen Lebens war.
Mit einem 1 : 2 bei EINTRACHT NORDHORN beendeten die Elstern auf Tabellenplatz 12 ihre erste Oberligasaison.
Eine große Leistung !

1959 ff
Für die Spielzeit 1959 / 60 wurden die Sander Tannen als Spielstätte hergerichtet. Ein wunderbarer Rasenplatz, weitläufige Konzeption, ausreichende Parkplätze und eine große 19 – stufige Tribüne. Das Fassungsvermögen wurde mit 17000 Zuschauern angegeben.

Bei herrlichem Wetter wurden am 6.9.59 gegen den SC CONCORDIA vor 12000    Zuschauern die Sander Tannen eingeweiht. Ein hochklassiges, abwechslungsreiches Spiel endete 4 : 4. Kalle Bochmann  - kam zu Saisonbeginn aus Curslack ( oder Nettelnburg, ich weiß es nicht genau ) – hat aus gut 25 Metern dem Concordia – Torwart Abrahamt den Ball zum zwischenzeitlichen 4 : 2 durch  die Beine geschossen – ein sagenhaftes Ding!!
Apropos Kalle Bochmann. In den Semesterferien späterer Jahre habe ich bei den HAUNI– Werken gearbeitet und dort Kall Bochnamm kennengelernt: ein Klassetyp , offen, sympatisch, bodenständig, der verkörperte die Elstern früherer Jahre – da kam spontan ein Gefühl der Zusammengehörigkeit auf. Mehrfach kamen er und Ernie Jordan in der Hamburger Auswahl bei Spielen gegen die Berliner Auswahl zum Einsatz.
Oliver Lindemann war ein ähnlicher Typ.

Ein kultureller Tiefpunkt an den Sander Tannen war der10.12.61. Der ASV spielte gegen ALTONA 93 vor 5000 Zuschauern, als ein böses Foul an Werner Noormann zu einem Schien – und Wadenbeinbruch führte. War dies schon schlimm genug, ging der Übeltäter zu Wener Noormann an die Trage und schüttelte das gebrochene Bein sinngemäß mit den Worten: Nu tu man nicht so !!
Ein Skandalspiel mit einem total überforderten Schiedsrichter !
 Es endete 1 : 1

Ziel meiner Notiz kann nicht sein, Spielberichte nachzuschreiben. Vielmehr wollte ich versuchen die Stimmung und das Flair aus Billtalstadion          und Sander Tannen aus persönlicher Wahrnehmung wiederzugeben. Ich möchte auch bitten, mir zeitliche Ungenauigkeiten nachzusehen.

Inzwischen haben in Bergedorf zwei Sportvereine fusioniert – die Bergedorfer Turnerschaft v. 1860 und SuS BERGEDORF zur TSG BERGEDORF. In diesem Zusammenhang haben sich die Judoabteilungen der BT 60 und des ASV zur Judogemeinschaft Sachsenwald zusammengeschlossen. Um für den erweiterten Übungsbetrieb eine weitere Kampfmatte zu finanzieren, haben die Judoka an den Sander Tannen bei den Heimspielen den Ordnungsdienst mit übernommen.
Ich habe da sehr gerne mitgemacht. Im Innenraum ist tatsächlich eine andere Athmosphäre als auf der Tribüne, man kommt sich fast vor wie ein Spieler und die Reaktionen kommen unmittelbar an..
Hier noch zwei Randepisoden; am 23.9.62 wurde HANNOVER 96 an den Sander Tannen mit 5 : 0 besiegt, für heutige Zeiten unfassbar.
Am 2.12.62 verlor der VFL OSNABRÜCK mit einem gewissen Udo Lattek im Mittelfeld mit 0 : 3.

Im letzten Punktspiel der Oberliga Nord unterlagen die Elstern am 29.4.63 vor 3500 Zuschauern dem SV WERDER BREMEN mit2 : 4

Die Elstern haben bis zur Einführung der Bundesliga im Jahre 1963durch ihr sportlich faires Auftreten, charakterliche Größe, Spielkultur einen ausgezeichneten Ruf erworben und sich zu einer festen Größe etabliert. Beigetragen haben auch Reportagen in der ARD Sportschau und etliche Hörfunkberichte der NDR – Kollegen Ernst A, Stolte und Kurt Schottstädt.
 Die Elstern waren ganz einfach Klassetypen

Das steinerne ASV – Logo am Eingang  zum Vereinslokal ist von Manfred Lüneburg- dem Torwart der Aufstiegsmannschaft -  geschaffen worden als Dank und Erinnerung an wunderbare Jahre beim ASV. Eine ganz große Geste!

 Der Standort Bergedorf wurde bekannt und einmal waren die Sander Tannen auch Austragungsort des deutschen Rugbyendspieles.
. Die gute Zusammenarbeit von Trainer, Mannschaft und Vereinsführung brachten es zwangsläufig mit sich, daß der ASV auch für andere Spieler aus dem hamburger Bereich attraktiv wurden.
Otmar Sommerfeld – St. Pauli und
Werner Erb- Altona 93
waren Fußballer der Extraklasse.
Später kamen vom HSV „Micky“ Neisner und Peter Haack, 1968 stieß Ernst Kreuz zur Regionalligamannschaft.
1961 kam vom KSV HOLSTEIN KIEL Johnny Weißleder, Turm in mancher Schlacht und langjähriger Mannschaftskapitän




1963 ff
Die Zeiten der Erstklassigkeit waren also vorbei und die Elstern fanden sich in der höchsten norddeutschen Spielklasse wieder. Die Zuschauerzugpferde HSV, SV WERDER und EINTRACHT BRAUNSCHWEIG waren in die Bundesliga aufgerückt und wurden durch den VFL WOLFSBURG, VICTORIA HAMBURG, SV FRIEDRICHSORT und BU.
Auch in dieser Klasse konnten die Elstern zunächst gut mithalten . Studien – und berufsbedingt konnte ich nur wenige Spiele der Elstern besuchen, sodass ich nur allgemeine Gesichtspunkte in den Vordergrund stellen möchte.
Die Tabellenstände der Elstern lagen zwischen 8 bis 16 im Jahr des Abstieges ( 1970 ), die durchschnittlichen  Zuschauerzahlen waren 3165 – 3719 – 2181 – 2575 – 2328 – und 2039 von 1963 bis 1970.
Ein Gesichtspunkt soll nicht unerwähnt bleiben: beim Start der Regionalliga standen 6 Hamburger Vereine in dieser Klasse, im Jahre 1973 waren es noch 2 Mannschaften. Ich möchte eine „Sogwirkung“ des Bundesligisten HSV im Hinblick auf Zuschauerzahlen und somit auf die wirtschaftliche Situation der Vereine nicht ausschliessen zumal Sponsoring im heutigen Sinne noch nicht entwickelt war.

Im Abstiegsjahr wurden deutliche Mängel im Abwehrbereich erkennbar. Von den ersten 11 Spielen wurden 10 zum Teil hoch verloren ( 46 Gegentore ). Erst als der langjährige Stammtorwart Volker Boelsen – kam einst von den Amateuren des SV WERDER BREMEN –ab dem 12 Spieltag in das Tor zurückkehrte, waren die Elstern konkurrenzfähig, konnten die Klasse aber nicht mehr halten. Auch eine Dreier  - Relegationsrunde mit 85, SC Concordia und dem SV MEPPEN konnten die Elstern nicht mehr vor dem Abstieg retten. Am Ende entschied das Torverhältnis für den SV Meppen.

Damit verabschiedeten sich die Elstern nach 5 Jahren in der erstklsssigen Oberliga Nord und weiteren 7 Spielzeiten aus der Regionalliga vom bezahlten Fussball.

Danke für diese Zeit.

1970 ff
Die höchste Hamburger Amateurklasse war zu der Zeit ( 1970 ) drittklassig. Nach einem 9.Tabellenplatznach der Saison 1970 / 71 wurden die Elstern 71 / 72 Meister, ebenso nach den Spielzeiten 75 / 76 und 77 / 78. In den Aufstiegsspielen konnten sich die Elstern leider nicht durchsetzen, Hauptkonkurrenten waren die Amateurmannschaften von Hannover 96 und Werder Bremen..
Nachdem sich die Elstern 1974 nicht für die neugeschaffene Amateuroberliga Nord nicht qualifizieren konnten, war die Mannschaft viertklassig.

Im Jahre 1980 standen die Elstern kurz vor dem Aufstieg, doch Schiedsrichter Osmers aus Bremen (der Jahre später ein „Phantomtor“ von Bayernspieler Thomas Helmer gegen Nürnberg anerkannte ) sorgte im entscheidenden Spiel gegen den LÜNEBURGER SK vor 10000 Zuschauern mit seht umstrittenen Entscheidungen für eine 0 : 1 – Niederlage der Elstern.
Höhepunkte in der Vereinsgeschichte waren 1982 und 1992 die Pokalspiele gegen den FC Bayern ( 1 : 5 n. V. ) und Bayer Leverkusen ( 1 : 3 ):
Insbesondere das Spiel gegen den FC Bayern erregte bundesweite Aufmerksamkeit.

1993 ff
Die Platzierungen in der viertklassigen Amateurliga deuteten lediglich Mittelmaß an ( Tabellenplätze 3 – 12 )
Durch Platz 2 am Ende der Saison 1993 / 94 konnten sich die Elstern für die neugegründete Oberliga Hamburg / Schleswig-Holstein qualifizieren.

 Nach dem zweiten Abstieg in die nun fünftklassige Amateurliga Hambutg im Jahre 1999 übernahm Rüdiger Schwarz die Mannschaft. Nach dem 1. Tabellenplatz am Ende der Saison 1999 / 2000 – gegen NEUMÜNSTER  in der Qualifikation gescheitert – kehrten die Elstern 2001 in die Oberliga HH / SH zurück. Die Elstern konnten Plätze im oberen Tabellendrittel belegen.
2004 wurde die Oberliga HH / SH mit der Paralellstaffel Niedersachsen / Bremen zur Oberliga Nord vereinigt.
Aus wirtschaftlichen Gründen mussten Überlegungen in Richtung Regionalliga zurückgestellt werden.

In der Oberliga Nord ( 4. Liga ) trafen die Elstern auf viele alte Bekannte: Wilhelmshaven, Kiel, Meppen, Hannover 96 A, Arminia Hannover, fast schon die alte Regionalliga Nord.
 Es wurde hier erstklassiger Amateurfussball gezeigt!
In den vier Spielzeiten belegten die Elstern die Tabellenplätze 10 – 13.
Es ist ein ganz großer Verdienst von Rüdiger Schwarz, die Mannschaft über einen Zeitraum von 10 (!!) Jahren auf einem hohen stabilisiert zu haben. Rüdiger Schwarz stand für konzeptionelles Arbeiten, Spielkultur und Integration junger Spieler.
Rüdiger Schwarz war ein Glücksfall für Mannschaft und Verein.

Nachdem die Oberliga Nord durch ( einen nicht sehr klugen ) Funktionärsbeschluß aufgelöst wurde, tauschte Rüdiger Schwarz das Traineramt gegen die Managerposition ein, zeitnah spaltete sich die Fußballabteilung des ASV ab und fand sich im FC Bergedorf 85 wieder. Die Zielsetzung bestand in der Qualifikation zur Regionalliga. Auch wenn es sportlich möglich wäre standen doch wirtschaftliche und strukturelle Gründe der Zielsetzung entgegen.

Nachfolger von Rüdiger Schwarz als Trainer wurde der bisherige Co – Trainer Manfred Nitschke, ein großer Freund Offensivfussballes und des spielerischen Elementes. Trainer und Mannschaft waren wirklich eine Einheit und es hat ( nicht nur mir ) Riesenspaß gemacht, der Mannschaft zuzusehen. Ich denke insbesonders an ein 2 : 2 gegen den FC St. Pauli mit zwei Toren in den Schlussminute und ein 5 : 2 gegen Altona in der Saison 2010 / 2011.
 Manni Nitschke stand bei allen Trainerkollegen des Hamburger Amateurfussballs in hohem Ansehen !

 Nach dem Ausscheiden von Manni Nitschke wurde nach etlichen Irritationen – manche haben dies als Kommunikationsprobleme bezeichnet – Friedhelm Mienert, ein ehemaliger Elsternspieler, als Trainer engagiert. Ich formuliere mal wertneutral und ganz vorsichtig: ein zeitlich begrenztes Mißverständnis.

Die Gegenwart
Neuer Trainer wurde nun der ehemalige Spieler Olaf Poschmann.
Was nun folgt ist im Hamburger Amateurfussball einmalig
Nachdem ein gewaltiges Lügengebäude hinsichtlich Regionalligabewerbung in sich zusammenfiel, kehrten einige Stammspieler den Elstern den Rücken. Trotzdem konnten die Elstern die Saison 2011 / 2012 auf dem zweiten Tabellenplatz beenden.

Für eine Steigerung des Begriffes Chaos reicht mein Sprachschatz nicht aus..
Nach dem vierten Spieltag der Saison 2012 / 2013 wurde die sportliche Leitung – also auch der Trainer– vom neugewählten 1. Vorsitzenden nach ca. 20 Minuten Amtszeit entlassen. Es folgte ein Spielerstreik !!
Drei weitere Trainer im Rest der Saison sorgten für insgesamt 15  Pluspunkte und den Abstieg in die Landesliga.
Eines muß hier aber ganz klar sein, keine Schuldzuweisungen in Richtung der Trainer, die Sündenböcke sind bekannt, von einer Namensnennung möchte ich absehen.

Der Ruf der Elstern wurde gründlich und dauerhaft ruiniert!
Während die beschriebenen Ereignisse und Vorkommnisse hauptsächlich interne Wirkung entfalteten, muß man die über einen langen Zeitraum anhaltenden Paßvergehen als Betrug gegenüber sportlichen Mitbewerbern werten.
Eine schändliche Vorgehensweise.

Zur Zeit spielen die Elstern in der 6. Liga – Landesliga / Hansastaffel. Es ist abzuwarten ob es Trainer Dietmar Demuth gelingt, die Mannschaft zu stabilisieren und einen weiteren Abstieg zu verhindern.

Die aktuelle Situation macht zornig.
Und traurig,

Anmerkung der Redaktion:
Hans-Martin schickte uns seinen persönlichen Bericht per E-Mail. Ein ganz großes Dankeschön an diese niedergeschriebenen Erinnerungen!!!
Bildnachweis:
Die Fotos stellte uns Hans-Martin Lippold zur Verfügung. Sie stammen aus dem Buch:
Jens Prüß: Spundflasche mit Flachpasskorken – Die Geschichte der Oberliga Nord
Das obere Foto zeigt die prächtige Kulisse im Billtalstadion vor dem Spiel gegen den ISV .
Das untere Foto wurde nach einem Spiel in Braunschweig aufgenommen.