Eine unselige Zeit ging im Mai 1945
zuende und machte eine Neuorientierung des alltäglichen Lebens in
allen Bereichen erforderlich.
Es gab in dieser Zeit sicher wichtigere
Dinge, als den Fussballsport zu organisieren, aber viele dieser
anderen Dinge sind bei Journalisten, Historikern und politisch
aktiven Personen besser aufgehoben als bei dem Verfasser
dieser Zeilen.
Der Verfasser behält sich vor, in
zwangloser Folge Pressezitate einzuflechten, um einen ganz kleinen
Einblick in das Zeigeschehen jenseits des Fussballs zu gewähren.
Diese und weitere - in loser
Reihenfolge erscheinenden - Berichte werden sich mit dem sportlichen
Werdegang der Elstern - ASV Bergedorf -
Lohbrügge 1885 - beschäftigen.
Der Verfasser dieser Zeilen gehört dem
Geburtsjahrgang 1944 an und muß sich auf Literatur und das Internet
als Informationsquellen berufen.
Hier seien genannt:
Das historische Archiv des Hamburger
Abendblattes beginnend am 18.10.48
Das Buch „100 Jahre Fussball in
Hamburg ( 1994 )“
LEGENDÄRE FUSSBALLVEREINE
NORDDEUTSCHLAND von Hardy Grüne ( 2004 )
Bis zum Ende des Krieges gab es als
erste Spielklasse die Gauliga mit stark regionalem Bezug - in der Spielzeit 1944 / 45 gab es in
Norddeutschland 13 Gauligen, die das Gebiet Hamburg, Bremen,
Schleswig-Holstein, Niedersachsen und
Mecklenburg abgedeckt haben.
Unterhalb der Gauliga Hamburg gab es
drei Staffeln – Germania,- Hammonia- und Hansastaffel als Unterbau
( somit 2. Liga )
Zur Entstehungsgeschichte der Elstern:
Der 1885 gegründete Allgemeine
Turnverein Bergedorf fusionierte 1911 mit dem Arbeiterturnverein
Phönix Sande zur Freien Turnerschaft Bergedorf - Sande
1912 wurde dieser Verein durch eine
Fussballabteilung ergänzt. Infolge einer Ortsumbenennung wurde dann
dieser Verein in FreieTurnerschaft Bergedorf - Lohbrügge umbenannt.
Dieser Verein war nicht im DFB, sondern
im Arbeiter - Turn und Sportbund ( ATSB ) organisiert. Nach der
Auflösung dieses Verbandes durch das NS - Regime konnte
höherklassiger Fussball nur noch in sog. " bürgerlichen"
Vereinen ausgeübt werden.
Unmittelbar nach Kriegsende wurden
durch die britische Militärregierung alle Vereine aufgelöst, danach
entstand die FT Bergedorf - Lohbrügge 1885, aus der am 20. Januar
1946 der ASV Bergedorf - Lohbrügge 1885 hervorging.
In den 30 er Jahren wurde der
Bergedorfer Fussball durch SuS Bergedorf in der zweiten und
dritten Spielklasse repräsentiert, ab
1940 / 41 durch eine KSG ( = Kriegssportgemeinschaft )
abgelöst. Inwieweit es hier personelle
Verflechtungen mit SuS gegeben hat entzieht sich der
Kenntnis des Verfassers.
Organisation nach Kriegsende.
Zu Beginn der Spielzeit 1945 / 46 wurde
als erste Spielklasse die Stadtliga Hamburg eingerichtet. Fünf frühere
Gauligisten ( HSV, ETV, Victoria, FC St. Pauli und Altona 93 ) und
acht weitere Vereine ( Sieger einer in acht
Gruppen ausgetragenen Qualifikationsrunde ) bildeten die dreizehn Vereine umfassende Stadtliga
Hamburg.
Der Unterbau der Stadtliga waren zwei
Paralellstaffeln Alsterstaffel und Elbstaffel mit jeweils 12
Mannschaften - die 2. Liga.
Als dritte Liga gab es die A -
Klasse,bestehend aus drei Paralellstaffeln mit jeweils zehn
Mannschaften.
Die sog. B - Klasse repräsentierte die
4. Liga und bestand aus drei Staffeln mit 9 - 10 Mannschaften.
Saisonverlauf 1946 / 47
Das vorhandene Datenmaterial deutete
an, das im Jahre 1946 lediglich eine einfache Punkterunde ausgetragen wurde.
In dieser Saison tauchten erstmals die
Elstern in der damaligen A - Klasse ( 3. Liga ) auf.
Von 16 ausgetragenen Spielen konnten
bei einem Unentschieden 15 Siege erzielt werden.
Mitkonkurrenten in dieser Klasse waren
Schwarzenbek - Geesthacht/Düneberg - VfL Lohbrügge -
TSV Glinde - VfL Kirchwerder - SuS
Bergedorf und der Boberger SV
Die Elstern beendeten diese Saison als
Meister
Saison 1947 / 48
Eine Umstrukturierung der Ligen führte
die Elstern für die Saison 47 / 48 in die Germanisstaffel, eine der vier
Staffeln, die unterhalb der Verbandsliga Hamburg als dritte Liga
angeordnet war.
Auch in dieser Liga spielten die
Elstern eine herausragende Rolle und errangen mit einem
Punktrverhältnis von 32 : 8 vor den punktgleichen Mannschaften von
TSC Winsen - Borstel und Germania Schnelsen den Meistertitel.
Dieser erneute Titelgewinn berechtigte
den ASV Bergedorf 1885 zum Aufstieg in die Verbandsliga Hamburg, der zweithöchsten deutschen
Spielklasse.
"Dieser Aufschwung erinnerte an den des
FC Schalke 04 in der zwanziger Jahren" ( Zitat Hardy Grüne )
Zwischenzeitlich wurde die Stadtliga
Hamburg ab der Saison 1947 / 48 durch die Oberliga Nord ersetzt, ergänzt durch
Vereine aus Niedersachsen,Bremen und Schleswig - Holstein.
Die Elstern waren durch zwei Aufstiege
nun in der Verbandsliga Hamburg angekommen, eine Spielklasse unter der Oberliga Nord
angekommen.
1948: Erfüllte Demokratie ist das
höchstmögliche Maß von Freiheit und allgemeinem Wohlstand.(
Bürgermeister Max Brauer am 22.11.48 )
Saison 1948 / 49
Das Archiv des Abendblattes beginnt mit
dem 18. Oktober 1948, ab diesem Termin sind (kurze )
Spielberichte, Ergebnisse und Tabellen
beginnend mit dem 7. Spieltag einsehbar.
Der Aufschwung der Elstern ging nahezu
ungebremst weiter, in den ersten sechs Spielen konnten 9 Punkte
eingespielt werden - lediglich ein Unentschieden und eine Niederlage
schlugen zu Buche.
Bis zum 15. Spieltag wurden alle
weiteren Spiele gewonnen. Danach folgte eine "Durststrecke"
mit drei Niederlagen gegen Wilhelmsburg
09 mit 3 : 4 vor 6000 Zuschauern in Bergedorf, beim Wandsbeker FC mit 2 : 5 und beim
Lüneburger SK mit 0 : 5 an einem 7. März.
Bei diesem Spiel bei winterlichen
Platzverhältnisse wurde der Strafraum der Elstern nicht abgestreut
mit der Folge, dass sich die Bergedorfer Abwehrspieler kaum auf den
Beinen halten konnten und es zur Pause 4 : 0 für den LSK stand. In
der Pause wurde der vereiste Strafraum - nun ja LSK - Strafraum - vom
Eise befreit. Diese Art der Platzpflege wurde vom Verband zum Anlaß
genommen, das Spiel erneut anzusetzen. Das zu diesem Zeitpunkt
bedeutungslose Wiederholungsspiel gewann der LSK mit 4 : 3
Nach diesen drei Niederlagen trennten
sich die Elstern vom SC Sperber 1 : 1 und gewannen die restlichen
drei Spiele gegen Post sv ( 2 : 1 ), Borussia Harburg ( 4 : 2 ) und
gegen Vorwärts Billstedt mit 3 . 2.
Mit drei Punkten Vorsprung vor dem FV
Wilhelmsburg 09 belegten die Elstern als Aufsteiger am Ende der
Saison Tabellenplatz eins und waren somit Meister der Alsterstaffel
!!
Eine ganz ausgezeichnete Leistung die
ihresgleichen sucht.
Beachtlich waren die Zuschauerzahlen!
In der paralellen Elbestaffel wohnten
dem Altonaer Lokalderby zwischen dem AFC und Union 03
5000 Zuschauer bei, das Spiel zwischen
Wilhelmsburg 09 und dem LSK verfolgten 3000 Zuschauer.
Mannschaftsaufstellungen waren im
Abendblatt nicht einsehbar, ebenso war die Benennung der
Torschützen nicht immer eindeutig.
Hier also der Versuch, eine Rangfolge
aus den zur Verfügung stehenden Aufzeichnungen zu erstellen.
Werner Mierow 12 Tore
Borchert 12 Tore
Petersen 7 Tore
Pawlik 6 Tore
Walter Dörfer 3 Tore
Behn 2 Tore
Wild 1 Tor
Ein Wort zu Werner Mierow:
Werner Mierow war einer der ganz Großen
des Bergedorfer Fußballs. Seit 1928 Vereinsmitglied hat er bis Mitte
der fünfziger Jahre in der ersten Manschat gespielt und hat allen
Abwerbeversuchen anderer Vereine widerstanden.
Der Verfasser dieser Zeilen hat Werner
Mierow leider nie spielen sehen, aber auf der Tribüne des
Billtalstadions war der Name Mierow ein
Begriff.
Juni 1949: In Hamburg werden täglich
90 Fahrzeuge zugelassen.
Aufstiegsspiele zur Oberliga Nord
Der Titelgewinn in der Alsterstaffel
berechtigte die Elstern zur Teilnahme an der Aufstiegerunde zur
Oberliga Nord,der höchsten deutschen
Spielklasse. Teilnehmer in dieser Runde ware weiterhinn der
VfB Oldenburg
Linden 07
SV Hemelingen
Harburger TB und der
Itzehoer SV
Gespielt wurde in einer einfachen
Punkterunde, wobei die ersten beiden Mannschaften
aufstiegsberechtigt waren.
Bergedorf 85 - SV Hemelingen 5 : 2
Vor 6000 Zuschauern führten die
Elstern nach 35 Minuten durch Treffer von Pawelek ( 2*), Wild und ein
Hemelinger Eigentor mit 4 : 0, ein Prachtschuss von Werner Mierow
sorgte für den fünften Treffer.
Weiterhin spielten:
Linden 07 - HTB 0 : 0
Oldenburg - Itzehoe 2 : 0
Itzehoer SV - Bergedorf 85 1 : 1
Dieses Spielergebnis eröffnete den
Elstern alle Chancen auf den Aufstieg. Vor 6000 Zuschauern ging der
ISV vor der Pause mit 1 : 0 in Führung. Nach der Pause wurden die
Offensivbemühubgen der Elstern durch den Ausgleichstreffer von
Pawelek belohnt.
Es spielten weiterhin
HTB - Oldenburg 0 : 3
Hemelingen - Linden 07 1 : 1
Bergedorf 85 - HTB 3 : 4
Vor 10000 Zuschauern auf dem
Victoriaplatz am der Hoheluft entwickelte sich ein hochklassiges Spiel in dem der HTB als verdienter
Sieger vom Platz ging. Hier die Torfolge
1 : 0 Werner Mierow
1 : 1 Eigentor Hartmann ( 85 )
1 : 2 Franke ( HTB )
1 : 3 Kleeblatt ( HTB )
1 : 4 Ottmar Sommerfeld ( HTB ) (Otmar
Sommerfeld spielte später ber den Elstern und wurde mit 362
Einsätzen Rekordspieler der Oberliga)
2 : 4 Werner Mierow
3 : 4 Walter Dörfer
Eine sehr gute Ausgangsposition konnte
nicht untermauert werden, hinter dem VfB Oldenburg mit
6 : 0 Punkten lagen nun mit Bergedorf
85, HTB und dem ISV drei Mannschaften mit jeweils 3 :3
Punkten. Es spielten außerdem
Itzehoe - Hemelingen 1 : 0 in Harburg
Oldenburg - Linden 07 4 : 3 vor 5000
Zuschauern in Osnabrück.
Bergedorf 85 - Linden 07 2 : 1
Der Titel des Hamburger Abendblattes zu
diesemSpiel lautete
"Bergedorf im Glück !"
In der 13. Minute erzielte Petersen (
85 ) das 1 : 0 für die Elstern, nach 35 Minuten wehrte Elstern -
Torhüter Randohr einen von ihm selbstverschuldeten Elfmeter ab.
Unmittelbar nach der Pause konnte Linden 07 ausgleichen, ehe Walter
Dörfer in der 70. Spielminute die erneute Führung der Elstern
erzielen konnte.
Der Abwehr der Elstern, insbesondere
Verteidiger Geruschke ( ich glaube, der stand auch in der
Mannschaft von Hannover 96, die 1954
Deutscher Meister wurde ) war es zu verdanken, dass
dieses Spiel gewonnen wurde.
Schließlich spielten noch
Hemelingen - Oldenburg 3 : 1 und
Itzehoer SV - Hemelingen 1 : 1
Die Ausgangslage vor dem letzten Spiel
war somit folgende:
Oldenburg 6 : 0 Punkte
Bergedorf 5 : 3 P.
ISV 4 : 4 P.
HTB 4 : 4 P,
Hemelingen 3 : 5 P. und
Linden 07 2 : 6 P.
Der letzte Spieltag sollte also die
Entscheidung bringen !
VfB Oldenburg - Bergedorf 85 5 : 0
Vor 12000 Zuschauern mussten die
Elstern der kräfteraubenden Runde Tribut zollen.Nach der Pause brach
bei sommerlichen Temperaturen das Unheil herein !
Nach dem 1 : 0 für Oldenburg verlor
Pawelek die Nerven und wurde des Feldes verwiesen.
Der VfB erzielte nun noch vier weitere
Treffer während Petersen zu allem Unglück einen Elfmeter
vergab.
Das Hamburger Abendblatt schreibt an
dieser Stelle
"Eine derart hohe Niederlage haben die
Elstern nicht verdient. Die Mannschaft ist mit ihren Kräften am
Ende."
.
Die weiteren Ergebnisse waren die
folgenden:
HTB - Hemelingen 6 : 2
Linden 07 : ISV 2 : 7
Der VfB Oldenburg ist somit
aufgestiegen während am Millerntor der zweite Aufsteiger in einem
Entscheidungsspiel zwischen dem ISV und dem HTB ermittel werden
musste. Dieses Spiel konnte der HTB mit 4 : 1 Toren für sich
entscheiden.
Die Elstern haben als Neuling in dieser
Klasse eine grandiose Punkterunde gespielt und den Hamburger
Amateurfussball würdig vertreten
Das historische Archiv des Hamburger
Abendblattes konnte leider keine Auskünfte über die Trainer der
Amateurvereine geben, ebensowenig gab es regelmäßige Auskünfte
über die Spielstätten der Mannschaften.
Das Billtalsadion wurde ersti m
September 1950 fertiggestellt, vermutlich haben die Elstern die
damaligen Heimspiele an de Sander Tannen ( auf Grand ? ) ausgetragen.
Sicherlich konnten in dieser Zusammenfassung nicht alle Fakten
benannt werden, darum werden sachkundige Leser gebeten, diese Notizen
zu ergänzen.
Spielzeit 1949/50
Zu Beginn dieser Spielzeit konnte vom
HSV Heinz Werner, ein ehemaliger Nationalspieler von Jenaer SV, als
Spielertrainer verpflichtet werden.Ein Vorbote einer großen Zeit !
Das Billtalstadion - Baubeginn 1949 -
stand vor der Fertigstellung und sollte für lange Zeit Spielstätte
der Elstern werden.Aus dem Kader der Elstern haben sich Spieler
verabschiedet :Heinz Petersen ist beim SC Concordia gelandet,
Geruschke und Richter zog es nach Bremerhaven.
Nach einem guten Saisonstart mit 7
Punkten ais 4 Spielen folgten 4 Niederlagen nach denen sich die
Elstern auf dem sechsten Tabellenplatz wiederfanden. Der
Saisonverlauf muss als sehr abwechselhaft angesehen werden, die beste
Platzierung im weiteren Saisonverlauf war schließlich Platz 5.
Am 12. Spieltag trat erstmals Heinz
Werner in der Mannschaftsaufstellung auf, am 13 Spieltag
verwandelte er einen Elfmeter beim 3 :
2 gegen den Lüneburger SK.
Ein weiterer großer Name des
Bergedorfer Fussballs sollte in Erscheinung treten : Herrman Hansen.
Es wird auf die ( fast ) vollständige Torschützenliste verwiesen:
Herrman Hansen 15 Treffer
Walter Dörfer 13 T.
Werner Mierow 12 T.
Borchert 7 T.
Behn 5 T.
Barthmann 3 T.
Wild 2 T.
H. Werner,Dähn, Dahmke je 1 T.
Diese Liste soll nicht einzelne Spieler
hervorheben - dies würde der Leistung der gesamten Mannschaft wohl
nicht gerecht - sie soll vielmehr die großen Namen einer vergangenen
Epoche in die Erinnerung zurückrufen.
Als Saisonfazit kann man ziehen, dass
sich die Elstern als feste Größe in dieser Spielklasse etabliert
haben !
(Fortsetzung folgt)
Autor: Hans-Martin Lippold
Fotos:
- aus Buch HAMBURGER SPORTSTÄTTEN von Volker Stahl / Uwe Wetzner
- Skizze aus Hamburger Abendblatt