Sonntag, 6.9.: Es ist wirklich zum Mäusemelken. Schon wieder muss ich früh raus. Wirklich ein negativer Nebeneffekt der Fahrerei. Und das alles nur um Fussball zu gucken und dazu noch im Urlaub. Sachen gibts....Schnell ein Tässchen British Tea getrunken und los gehts Richtung Dover. Ich möchte die Frühfähre um 8.10 a.m. nehmen. Daher bringt mich Mace, der very kind Ramsgate Fan, netterweise zum Fährhafen.

Aber mmerhin: Nach endlosen Pass- Körper- und Taschenkontrollen in einem abgelegenen Hafenlagerschuppen (die Briten habens in Sachen Sicherheit echt drauf), legt die Fähre ab.
Kleines Studium der News of the World, der englischen BamS, (in der ich über Sven Goran Eriksson als neuen Fussballdirektor des Viertligisten Notts County informiert werde), und voller Hoffnung, dass ich meinen Anschlusszug in Calais doch noch bekomme, sehne ich mich dem Kontinent entgegen. Doch es soll wieder anders kommen: Wir Fußpassagiere dürfen erstmal 10 Minuten warten, bis wir rausgelassen werden und dann gibt es, wie auf der Hinfahrt, wieder keinen Shuttleservice. Shit happens. Mir bleibt nix anderes übrig, als mit dem Rollkoffer die 3 km bis zum Bahnhof zu rennen. Sonst wäre alles umsonst gewesen. Keuch, hust, keuch! Für die letzten 500 Meter bleibt keine Alternative, als den Daumen rauszuhalten. Und zum Glück hält gleich der erste an. Sonst hätte ich meinen Zug um 2 Minuten verpasst. Dank des netten Autofahrers, kann ich meine Reise zwar schweißgebadet aber glücklich wie geplant fortsetzen - Richtung Kohlpott Frankreichs, ebenfalls eine Fussballhochburg.
Lille, Valenciennes, Lens - sie alle sind erstklassig! Lille war sogar vor paar Jahren in der Champions League. Nach Lille kommt Kortrijk, also schon Belgien. Dank des Schengener Abkommens muss ich mich dieses mal keiner Leibesvisiation unterziehen. Und mit meinem Interrail-Ticket (eine prima Sache) sind Grenzfahrten sowieso kein Problem. Ein ungeahntes Problem ist dagegen die Sprache. Plötzlich ist alles auf Holländisch, nein, pardon, Flämisch. Keine Spur von Zweis

Nach einer improvisierten kulinarischen Pause in Kortrijk (es gibt französische Wurst:-), gehts weiter in die Provinz. Die Bahnhöfe werden immer kleiner und deren Namen immer sperriger. "Oudenaade" ist in dieser Disziplin mein Favorit. Irgendwann lande ich in Ronse, wirklich kein Highlight. Irgendwie ist die Stadt tot. Nur im Stadion soll laut Spielplan das runde Leder rollen. Wie ein Doofer ziehe ich mein Koffer durch dieses verschlafene Nest. Links, rechts und dann wieder links. ahh, und da ist es! Ich seh schon die Ordner, in orange. Dummerweise weiß ich nicht, was ich sagen soll. Es ist wirklich verdammt schwierig. Soll ich Deutsch, Englisch, Französisch sprechen, oder versuchen, Holländisch zu immitieren? Ich entscheide mich für Ersteres und werde gleich auf den Gästeblock verwiesen. Der Gegner von Ronse ist nämlich Eupen - eine Stadt an der deutsch-belgischen Grenze und Zentrum des deutschsprachigen Teils von Belgien. Deutsch ist dort wirklich Amtssprache. Man mag es kaum glauben.Na gut, dann eben Gästeblock. Nach sieben Wochen Frankreich endlich wieder von Deutsch sprechenden Menschen umgeben - da kommen Heimatgefühle auf.
Mein Koffer darf leider nicht mit Fussball gucken. Dafür kann er netterweise in der "Kantien", übersetzt Würstchenbude, bleiben.
Das Spiel ist schon fünf Minuten alt, als ich in den Block komme. Gegenüber steht eine schon etwas in die Jahre gekommene Haupttribüne, die Gegengerade ist größtenteils auch überdacht. Nur wir Gäste hätten im Regen stehen müssen. Neben uns sind die rot-blauen Heimfans, die ihr Team kräftig anfeuern. Deweil plaudere ich mit einem der Ordner. Er erzählt mir, dass die Elf der AS aus vielen berühmten, talentierte Spielern aus ganz Europa zusammengestellt ist. So steht der tschechische U21-Torwart im Kasten, wirbeln Italiener und Franzosen im Mittelfeld und Sturm. Und das bei einem Zweitligisten. Wie das ? Möglich macht das ganze ein italienisches Konsortium, das ne Menge Geld nach Eupen pumpt und den Club in die 1.Liga hieven will.
Ihrem Ruf vom Spitzenteam werden die Ostbelgier gerecht. Bislang noch ungeschlagen an der Tabellenspitze, legen sie, ganz in weiß gekleidet, gut los. KSK Ronse, noch ohne Punkt, kann da nicht viel dagegen setzen. Kurz vor der Pause gibts dann die überfällige Führung. In der Halbzeit geh ich zur "Kantinen" um für Erfrischung zu sorgen. Am Tresen treffe ich auch den Vereinswirt der AS, der mir das Bierchen glatt spendiert und gut gelaunt in die Zukunft blickt. "In paar Jahren spielen wir in der Champions League und hauen die Bayern raus." Da wäre ich sicherlich der letzte, der etwas dagegen hätte. Nebenbei komme ich auf mein heutiges Reiseziel, Aachen zu sprechen. Promt bietet der Wirt mir an, gegen einen kleinen Obulus mit im Fanbus zurück zu fahren. Eupen liegt nämlich nur 17 km von Aachen entfernt. Insgeheim hatte ich mir das schon ausgemalt. Da kann man einfach nicht nein sagen.
Apropos nein: Fritten gibts in der Kantinen leider nicht. Stattdessen haben sie nur Kartoffelchips. Das hat mein Bild der belgischen Küche doch arg getrübt. Die zweite Hälfte hält noch zwei AS-Traumtore bereit, und natürlich eine stimmungsvolle LaOla.

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