Donnerstag, 21. März 2013

Im Gespräch : Hakan Karadiken


Seit Mitte Februar ist Hakan Karadiken offiziell Sportlicher Leiter bei 85. Er prägt seitdem entscheidend das Erscheinungsbild des Vereins. 85live führte nun zum ersten Mal ein langes Gespräch mit ihm, in dem viele brennenden Fragen (u.a. Chancen auf Klassenerhalt, Verhältnis zum ASV, „Machtkampf“ mit Algan, Gerdts, Freundschaftspiel St. Pauli, Hamburg Panthers) der Elsternfans angesprochen wurden.

Die Wurzeln:
In den 50iger und 60iger Jahren herrschte in der Bundesrepublik Deutschland Fachkräftemangel. Aus diesem Grund wurde aus anderen Ländern (zuerst Italien, Spanien, Griechenland, Türkei) sog. Gastarbeiter angeworben, die maßgeblichen Anteil an dem „Wirtschaftswunder Deutschland“ hatten.
Auch die Eltern von Hakan haben sich für Deutschland entschieden und sind aus der Türkei nach Deutschland gekommen. Eigentlich wollte man nur fünf Jahre bleiben, doch man fühlte sich schnell heimisch und blieb bis heute.
1975 wurde Sohnemann Hakan in Deutschland geboren. Die Familie (Hakan hat noch einen Bruder) lebte in der Holtenklinker Str. in Bergedorf. Die Mutter war bis zum Renteneintritt Krankenschwester am Krankenhaus in Bergedorf, der Vater Schlosser.
Mit sechs Jahren ging es dann zum ASV Bergedorf 85. Fußball war angesagt. Zusammen mit Kumpel Andreas „Bulli“ Schraub wurde seitdem bei 85 gespielt. Hakan kann sich noch gut an „Mama Schraub“ erinnern, die die Jungs zum Training brachte. Erste Trainerin war Frau Thieke, auch an die Trainer „Klaus und Klaus“ kann sich der heutige 38 Jährige erinnern. Gebolzt wurde auch immer gerne zusammen mit „Bullis“ älteren Bruder Stefan Schraub.
Bis zur A-Jugend kickte Hakan ununterbrochen im Elstern-Dress. Hakan Karadiken ist verheiratet und hat eine 11 Jahre alte Tochter und einen sieben jährigen Sohn.
Eigentlich bin ich ein Beispiel für gelungene Integration“ (Hakan Karadiken)

Das Interview:

85live: Wie viele Stunden schlafen Sie überhaupt nachts ?
Hakan Karadiken: Ich habe momentan wenig Schlaf. Gestern war ich noch bis 22:30 Uhr im Klubheim und habe Gespräche mit den ASV-Verantwortlichen geführt (Anm. d. Red.: dazu später mehr) Doch wenn man bedenkt,was in der Vergangenheit alles schief gelaufen ist bei 85, dann sind Überstunden selbstverständlich! Ich suche aber „echte 85Jungs“, die mir zukünftig helfen- „Stefan Schraub ist so einer“

85live: Eigentlich sollten Sie momentan ja einen 24 Stundentag haben: Als Sportlicher Leiter bei 85 basteln Sie an der Zukunft, bis gestern noch Organisation des Freundschaftsspiels gegen Pauli, dann sind Sie Manager der Futsalmeister Hamburg Panthers, die am Sonntag im Halbfinale der Deutschen Meisterschaft stehen und dann haben Sie auch noch eine eigene Firma. Wie bekommen Sie das alles unter einen Hut?
Hakan Karadiken: Den Job bei den Panthers habe ich damals zugesagt, als Bergedorf mich noch nicht wollte. Unor Ullosoy bat mich das Futsal-Team zu managen „und wenn ich was zusage, dann ziehe ich das durch“
Dann bin ich in erster Linie natürlich Inhaber und Geschäftsführer meine Firma HAKA und habe gute Mitarbeiter, die mich entlasten.
Manager heißt ja auch, dass man den Menschen auch fördert . Mitarbeitern sollte man vernünftige Aufgaben geben und wertschätzen. Wenn man gut managt, dann kommt auch was gutes dabei heraus. Mit meinen Mitarbeitern sind wir eine gute eingeschworene Einheit. Z.B. habe ich kaum „gelbe Zettel“ hier auf dem Schreibtisch. Warum soll so ein Miteinander nicht auch beim Fußball klappen?“

85live: Kommen wir zu 85. Seit Sie mit Trainer Kevin Strohbach das Zepter bei den Elstern übernommen haben, geht es bergauf. Zwei Punktspielsiege. Wie erklären Sie sich den Aufschwung?
Hakan Karadiken: - wichtig ist, dass die Mannschaft zusammenwächst. Ganz wichtig ist die Ruhe von Außen, wir müssen einen Ruhepool rein bringen. Und es gibt immer mehr Unterstützung von Außen. Dazu ist Kevin Strohbach genau der richtige Trainer.

85live: Geht da noch was in Richtung Klassenerhalt und können Rückschläge verkraftet werden?
Hakan Karadiken: „ Alles ist sehr eng, aber ich bin optimistisch. Mit dem GSK habe ich letzte Saison sechs Spiele Hintereinander gewonnen. Warum soll das nicht mit 85 möglich sein?“Wir haben jetzt Ruhe in die Mannschaft gebracht, die immer mehr zusammen sich schweißt“
Eine Niederlage wirft uns nicht um „Auch ich kann in der Firma ein Auto schlecht lackieren, d.h. nicht, dass ich ab dann nur noch schlecht lackiere. Aus Fehlern muss gelernt werden. Wir müssen lernen sechs, sieben Schritte hintereinander zu gehen. Wie im Pokal. Jedes Spiel ist ein Finale.
Wichtig ist auch das Lernen. Beispiel Diktat. Wenn ich als Schüler weiß, dass ein Diktat ansteht, dann übe ich und übe und die Fehler merke ich mir und mache sie nicht wieder“
Wir machen am Montag nach dem Spiel immer eine ausführliche Mannschaftssitzung, bei der wir schonungslos alle Fehler des vergangenen Spiels analysieren“
In meiner Firma haben wir ein zertifiziertes Qualitätsmanagement. Noch mal: Warum soll das beim Fußball nicht klappen?

85live: Sollte es doch nicht klappen, gibt es schon einen Plan B für die Landesliga?
Hakan Karadiken: „Eigentlich möchte ich nicht darüber reden, dass passt nicht in unsere Philosophie. Geht nicht, gibt es nicht“
Doch im Hinterkopf sollte man als Manager schon einen Plan haben: Wichtig ist, die Mannschaft zusammen zuhalten. „Wenn wir jetzt Spaß haben und eine Familie werden, die sich nicht trennen sollte“
Familie oder Geld – wenn es trotzdem den einen oder anderen womöglich wegen Geld wegzieht, hat er es nicht verdient, das 85-Trikot zu tragen. Ein Trikot, dass schon vor 130 Jahren getragen wurde!“

85live: Jetzt mal zum „Eingemachten“: Bevor Sie offiziell zum Sportlichen Leiter erkoren wurden, waren Sie als Berater bei 85 tätig. Kritiker werfen Ihnen vor, die Trainer Algan und Gerdts „rausgemobbt“ zu haben. Was lief da jeweils „schief“ zwischen Ihnen und den Trainern?
Hakan Karadiken: „Ich habe beiden nie die Trainerfähigkeiten aberkannt. Beide haben versucht, das Beste daraus zu machen“
Algan ist ein super Fußballer, aber nach meiner Meinung fehlte ihm die Identifikation (Herzblut und Leidenschaft) mit 85“
Damals ist Herr Knothe nach dem Pinnebergspiel auf mich zugekommen und fragte mich, ob ich mir eine Zusammenarbeit mit Berkan Algan vorstellen könnte. Ich sagte, dass nicht meine Vorstellung entscheidend ist, sondern die von Berkan. Und Algan wollte nicht mit mir zusammenarbeiten.
Alfred Gerdts ist zunächst auf mich zugekommen und fragte mich, ob wir zusammenarbeiten könnten. Doch dann wurde er, weil ich oft in den Medien war etwas eifersüchtig. In Familien sollte keine Eifersucht aufkommen“
Wenn ich als Sportlicher Leiter erkenne, dass es so nicht geht, muss ich das ansprechen und er muss sich das sagen lassen.“
Ich möchte auf die Jugend setzen. Die 85-Jugend soll irgendwann in der Oberliga spielen“ Da hatten die Trainer auch andere Vorstellungen.
Ich habe übrigens ein Jahr zusammen mit Tayfun Özüsakiz  die C-Jugend von 85 betreut. Das ist die jetzt überaus erfolgreiche Jugendmannschaft von 85 Von Tayun, der ein ausgebildeter Fußballlehrer ist und in Köln studierte und unter Jupp Derwall bei Besiktas Co-Trainer war, habe ich viel gelernt.


85live: Jetzt stimmt die Chemie mit Kevin Strohbach?
Hakan Karadiken: „Kevin ist genau der Richtige. Er ist Jung und betreut erfogreich die A-Jugend. Ich bin oft mit Kevin Essen gegangen und habe mich von ihm überzeugt. Zwischen ihm und mir passt es zusammen . Es darf keiner meinen Trainer angreifen. Wer ihn angreift, greift auch mich an – und gleichzeitig den Verein“
Ich wurde vom Vorstand gefragt, ob ich auch Trainer werden möchte. Ich möchte nur einen Job machen, den aber richtig“
Wenn jemand den Manager besser machen könnte als, ich wäre ich sofort bereit loszulassen und meinetwegen nur noch Betreuer sein“


85live: Viele alte Fans haben dem Verein den Rücken zugekehrt. Sie sind maßlos enttäuscht. Können Sie diese alten 85iger verstehen und wie wollen Sie diese zurück holen?
Hakan Karadiken: „Ich kann diese Enttäuschung der Fans voll verstehen. Es war wie Ehebruch. Klar hat der Vorstand Fehler gemacht. Doch auch der ASV-Vorstand hat damals Fehler gemacht. Wenn es nicht zu einer Ausgliederung der Fußballabteilung gekommen wäre und Herr Tolksdorf mit einem Kredit für die Fußballer gebürgt, wäre der ASV damals insolvent gegangen.
Es gibt nichts Besseres, wenn Leute von außen helfen.

85live: Neben dem sportlichen Zielen sollte die Hauptaufgabe sein, Vertrauen zurück zu gewinnen. Geht das noch, wenn ja, wie wollen Sie das bewerkstelligen?
Hakan Karadiken: „Ich bekomme Gänsehaut, wenn ich höre wie langjährige Fans z.B. durch ihre Väter zu 85 gekommen sind“
Ich identifiziere mich voll für Bergedorf 85. Bitte Fans glaubt mir das und unterstützt 85 wieder“ „Ich alleine bin nichts – es zählt nur das WIR“
Vertrauen soll durch saubere Arbeit zurückgewonnen werden. Unruhe ist Gift. Deshalb habe ich jeden Spieler Presseverbot erteilt“
Ich habe einen 5-Jahresplan und ziehe den hier durch. Ich mache das bei 85 ehrenamtlich und habe andere Angebote von Vereinen abgelehnt. Wenn keine Angebote aus 2. Bundesliga kommen, bleibe ich bei 85“
Bergedorf ist größer als Kaiserslautern und hat riesiges Potential. Aber nie den zweiten vor dem ersten Schritt tun. Ein Aufstieg in die Regionalliga ist erst ein Thema, wenn die Finanzen wieder stimmen. Sollte 85 in den nächsten zwei Jahren oben in der Oberliga sein, sage ich nein zum Aufstieg. Nie mehr so ein Theater wie in den letzten Jahren- stattdessen offen und ehrlich mit den Fans umgehen“
Ende April planen wir ein großes Treffen mit allen Fans im Vereinshaus, da wird getanzt, getrunken, gegessen , gefachsimpelt“
Alle Fans sind eingeladen und sollen kommen. „Wir reden hier von 85, nicht von irgendeinem Verein. Wir sind älter als der HSV, sind eine alte gestandene Eiche, die nicht kaputt gehen darf“


85live: Vor allem finanziell ist in den letzten Jahren einiges schief gelaufen, Kassenberichte wurden nicht erstellt. Wie wollen Sie auch da wieder Vertrauen schaffen?
Hakan Karadiken: „Wer schreibt, der bleibt“ Bei mir gibt es nur Schriftliches!. Verträge kommen von Vertragen. Wenn man sich streitet holt man Verträge heraus. Insolvenz ist kein Thema . Es gibt genug Geschäftsleute, die 85 unterstützen wollen“ So bin ich sehr dankbar, dass mein Freund Jan Schust von Tarifcheck 24 wieder mit seinem Unternehmen unser Trikot schmückt.

85live: Können sie sich eine Zusammenarbeit mit dem ASV vorstellen. Wenn ja, auf welcher Ebene?
Hakan Karadiken: Wie oben schon angesprochen, gab es gestern ein sehr gutes und erfreuliches Treffen mit Klaus Hinz, den ich sehr schätze und der mich schon als kleiner Bengel kennt, und Rene Binnewerg, den 2. Vorsitzenden des ASV.
Jetzt kommen der FC und der ASV wieder zusammen“ Wir sind uns einig, dass wir nur zusammen Bergedorf 85 retten können. Es ist Alarmstufe Rot. Rene´vertritt die selbe Philosophie wie ich. Damals ging es dem ASV schlecht und der FC hat durch die bereits angesprochene Bürgschaft den Verein geholfen, jetzt geht es dem FC schlecht und der ASV hilft“
Wenn wir nicht zusammen arbeiten, geht der Traditionsverein in den Keller“
Ich bitte alle Fans , uns zu unterstützen. Wir sind ein 85 und 85 braucht den so wichtigen 12. Mann.“

85live: Wie haben Sie den FC St.Pauli nach Bergedorf gelockt?
Hakan Karadiken: Ein guter Freund und persönlicher Beraten von mir ist Stefan Beutel. Stefan war früher Manager von St. Pauli (später auch Rot Weiß Erfurt). Er hat immer noch gute Verbindungen zu seinem alten Klub und zu dem jetzigen Manager Rachid Azzouzi. St. Pauli war gewillt uns zu helfen und hat einem Testspiel zugestimmt. Nach der witterungsbedingten Absage, wird das Spiel im Sommer nachgeholt. Das wird ein richtiges Fest.

85live: Patrick Hiob - bekannt als Enfant Terrible des Hamburger Amateurfussballs.....warum haben Sie ihn verpflichtet?
Hakan Karadiken: Ich kenne ihn aus GSK-Zeiten. Es ist zwar nicht immer einfach mit ihm, aber er respektiert mich und kann uns auf jeden Fall weiterhelfen.
Bei den bisherigen Spielen fiel auf, dass uns jemand fehlt, der wenn wir in Führung liegen vorne den Ball halten kann oder der als Joker bei Rückstand ins Spiel geworfen werden kann. Patrick strahlt Ruhe aus, ist sehr erfahren und kann Freistöße herausholen und dann selber verwandeln. Der alte Hase kann uns helfen .
Aber ganz viel verspreche ich mir von Botan Sabir !!! Der 20ig Jährige hat beim HSV in der Stammelf der Bundesliga A-Jugend gespielt. Er ist pfeilschnell, sehr gefährlich und unberechenbar. Im Test gegen Vicky war er dabei, bevor er sich an der Leiste verletzte. Lutz Göttling, der Trainer des SC Victoria wollte ihn auf der Stelle verpflichten..

85live: Wie oben bereits angesprochen gibt es auch noch die Panthers in Ihrem Leben. Interessenkonflikte und warum sollen alle Fußballfans am Sonntag um 11 Uhr in Wandsbek sein? ?
Hakan Karadiken: Das sind alle ganz feine Kerle. Wir sind eine Familie. Die Spieler habem alle unsere 85-Spiele Lurup und Rugenbergen gesehen und mitgefiebert ! Vielleicht spielt der ein oder andere auch mal bei 85. Futsal lohnt sich anzuschauen. Eintritt kostet max. 3,00 EUR in Wandsbek. Super Stimmung.

85live:  Letzte Frage: Wo steht 85 in zwei Jahren ?
Hakan Karadiken: „In der Oberliga“ !!!

(Fotos: privat Hakan Karadiken)

Montag, 18. März 2013

Frauenfußballabteilung vor Verbleib beim FC Bergedorf 85



Das Tischtuch schien zerschnitten. Der Frauenfußball beim FC Bergedorf 85 war vor dem Aus. Eine Finanzierung dieser Abteilung wollte und konnte man sich nicht mehr leisten.
Bei 85live wurde leidenschaftlich das Für und Wider Frauenfußball kommentiert. Jetzt setzt der Verein ein deutliches Zeichen.
85live wurde autorisiert, folgende Absichtserklärung zu veröffentlichen (eine abschließender Vorstandsbeschluss sei nur noch Formsache)

Der Verein FC Bergedorf 85 ist stets bestrebt den größtmöglichen sportlichen Erfolg anzusteuern. Das zählt für die Jugendmannschaften, für die Herrenabteilung sowie für die Mädchen- und Frauenmannschaften.
Mit dem Aufstieg der zweiten Frauenmannschaft in die Verbandsliga und den erfolgreichen C- und B-Jugend-Mädchen im laufenden Wettbewerb wird dieser Weg untermauert.
Flaggschiff im Hamburger Frauenfussball sind unsere Regionalligadamen. Der Weg der Mannschaft um Marco Strauer und Mato Mitrovic geht kontinuierlich bergauf. In der vergangenen Saison hat die Mannschaft bis zum vorletzten Spieltag um den Aufstieg in die zweite Bundesliga mitgespielt und diesen denkbar knapp verpasst. Diese grandiose Saison konnte dennoch mit dem Gewinn des Oddsetpokals belohnt werden. In dieser Saison spielt man eine starke Runde, muss sich aber hinter den finanzstarken Wolfsburgerinnen anstellen. Nun soll im nächsten Jahr der große Wurf gelingen. In langen Gesprächen zwischen Vorstand und der Frauenabteilung wurde das Für und Wider einer weiteren Regionalligasaison abgewogen und man kam gemeinsam zu dem Entschluss, dass den Regionalligafrauen der Schritt in den Bundesligafussball zugetraut wird und ihnen dieser dann auch ermöglicht werden soll. Mato Mitrovic wird in der kommenden Saison das Team managen und erfahrene Trainer sollen hinzu gewonnen werden.
Der FC Bergedorf 85 baut weiter auf den Frauenfussball und möchte seinen Weg als führender Frauenfussballverein weiter gehen.

Montag, 4. März 2013

Was macht eigentlich … Dimitrios Panagoitidis ?


Fast unglaubliche 30 Jahre ist es her, dass im schwarz-weißem Elsterndress ein Grieche die Elsternfans durch sein Fußballzauber begeisterte. Im Stile eines „Icke“ Hässlers oder heute Mario Götze umkurvte der kleine Edeltechniker Gegenspieler als wären sie Slalomstangen. „Hakenschlagen“ gab es also schon Jahrzehnte vor der Ära „Matte“ Reincke in Bergedorf.
In der Saison 1984/1985 schlug die „Dimizeit“
Der heute 49 jährige Panagiotidis kann sich jetzt noch genau erinnern, wie er zu den Elstern kam: „Entdeckt hat mich der damalige 85-Trainer Peter Rohrschneider bei einem Hallenturnier meines damaligen Vereins Vorwärts Billstedt (später Vorwärts Wacker). Ich spielte damals unter dem ehemaligen HSVer-Trainer Ditschi Ripp in Billstedt“.
Zur Saisonbeginn war dann Rohrschneider nicht mehr Trainer von 85. Neuer Coach war fortan Willi Kern, unter dem Dimi dann ganz schnell zum Publikumsliebling avancierte.
Auf die Frage, was denn die Fans an ihm vielleicht mochten, spekuliert Dimi, dass er aufgrund seines Spielertyps sich von den meisten anderen Spielern zu dieser Zeit abhob: „ich habe was fürs Auge gemacht, schnell, wendig und mit Feingefühl und es sollte immer alles mit Hand und Fuß sein“ Er denkt heute noch mit viel Dankbarkeit an das viele Lob zurück, das ihm entgegengebracht wurde.
Selbst nach all den Jahren hat er zu zwei Mannschaftskollegen von damals viel Kontakt. Der eine ist der unvergessene „tragische Held“ aus dem Bayernspiel : Andreas Roloff, mit dem er jetzt in den Senioren des FC Ellas kickt. Dimi verschmitzt:“Andreas muss sich noch heute Sprüche anhören, z.B. warum er nicht den Ball 30 Sekunden vor Schluss in die Wolken geschossen hat, anstatt den Versuch eines Traumtores zu starten...
Ein guter Freund aus alten Zeiten ist auch Passos Xenos, der damals aber mehr in der Zwoten des ASV spielte.
Neben Jan Spingler, mit dem Dimi nach der Saison zum SC Norderstedt wechselte, fallen Panagoitidis immer mehr alte Zeitgenossen ein, zu fast jedem hat er eine „flapsige“ Anmerkung parat:
Thomas Stoppel: „der war Schlachter vom Beruf und hat morgens immer Ochsenblut getrunken, Vollblutstürmer, Brecher“
Fred Keller:“guter Fussballer und geiler, sympathischer Typ, Laufwunder, der hat ne Pferdelunge gehabt, kein Wunder, Fred kommt vom Lande (Cuxhaven oder so) und ist dort morgens immer viel gelaufen“
Thomas Meyer: der Blonde schnelle Stürmer, auch ein ganz lieber netter Kerl
Hasan Dogan: ganz jung zu den Elstern gekommen, war mein Mitfahrer
Mike Mumme: ging nach der Saison zusammen mit einem anderen Spieler von uns zum Karlsruher SC und wurde Profi in der Zweiten Liga
Weitere Jungs: Keeper Rainer Gülzow (später lange Zeit Co-Trainer unter Titze in Buchholz), Michael Dettmann, Norbert Jürgens („immer braun gebrannt“), Libero Wolfgang Schmitt und die beiden Außenverteidiger Ingo Pinnau und Frank Erb (beide gehörten zur Auflaufelf gegen Bayern), Marek Markiewic (von Daniel Glogowski -„ein hammerharter Spieler, der senste jeden weg“- zu den Elstern geholt).
Und natürlich an Hein Häring: ein sehr warmherziger Mensch, sehr humorvoll mit immer lustigen Spruch auf den Lippen, hat immer unsere Laune nach oben geschossen“
Bei längerem Gespräch wären Dimi mit Sicherheit auch noch die restlichen Weggefährten eingefallen, denn die alten Zeiten sprudelten gerade so aus ihm heraus.
Wie aus der Pistole geschossen, die Antwort auf die Frage nach dem unvergesslichsten Spiel mit 85:
„Das geilste Spiel überhaupt: das Derby zuhause gegen den TSV Reinbek. Vor guter Kullisse (ca. 800 Fans) haben wir 4:2 gewonnen und ich habe alle Tore gemacht. Keeper von Reinbek damals Jan Wessel, der später Profi wurde, sein Nachfolger dann Frank Böse“
Unglaublich, Dimi kann sich sofort auch noch ans Rückspiel erinnern, was vielleicht an sein erzieltes Kopfballtor liegt, denn sowas war Rarität. Spiel ging trotzdem verloren.
Anekdoten hat Dimi haufenweise auf Lager. Hier nur eine:
Als Motivation für die Mannschaft hat der damalige 85-Mäzen/ Macher Nevio Morino für jede Elster 1000 DM ausgelobt, wenn fünf Spiele hintereinander gewonnen werden. Vier Spiele gewann man daraufhin. Es ging also beim nächsten Spiel um die Wurst. Der SV Wilhelmsburg/ Veddel war an der Landesgrenze der Gegner. Nach einer Stunde noch torlos. Dann ein Elfmeter für die Elstern. Dimi, der in dieser Saison 19 mal für 85 traf, tritt an..und verschießt. Trainer Willi Kern wechselt den Unglücksraben daraufhin prompt aus. Es bleibt beim Remis und das Geld war futsch. Doch nach dem Match gab es nur tröstende Worte aus der Mannschaft, keine Vorwürfe- und ob der etwas zwielichtige 85-Macher wirklich die Scheine hingeblättert hätte, steht auf einem ganz anderen Stern.
Das es bei Dimi nicht zu mehr, einer Profikarriere reichte, verhinderten Kleinigkeiten:
Eigentlich sollte auch Panagiotidis mit nach Karlsruhe, doch er hörte davon zu spät und befand sich im entscheidenden Zeitpunkt in Griechenland. Dann tat sich noch eine zweite Chance auf: der HSV!
Dimi absolvierte ein dreitägiges Probetraining unter Kulttrainer Ernst Happel. Er machte in Traingsspielchen u.a. mit „Zauberer“ Walther Laubinger, , Didi Beiersdorfer, Okonski, Ulli Stein einen guten Eindruck, doch damals gab es noch die Ausländerregel (max. drei Ausländer) und man entschied sich für die Verpflichtung von Sascha Yusifi.
Es sollte nicht sein. Anders kann man auch dieses Pech nicht beschreiben: In Norderstedt spielte Dimi eine gute Saison beim Spitzenteam und so meldeten sich zum Aufstiegsspiel des SCN viele Talentspäher an, um sich ein Bild vom Techniker zu machen. 4000 Zuschauer, tolle Atmosphäre. Doch kurz vor der Pause verletzte sich Dimi schwer am Mittelfuss. Doch Adrenalin und das Bewusstsein, da draußen stehen Menschen, die nur Dich beobachten, ließen die Schmerzen vergessen – zunächst. Keine drei Schritte nach dem Wiederanpfiff, bricht der Pechvogel unter nun doch großen Schmerzen zusammen und muss ausgewechselt werden.
Nach Beendigung seiner aktiven Karriere blieb der lockere Grieche dem Fußball natürlich treu. Einige Trainerstationen ( Spielertrainer SC Ellas, in der Bezirksliga, Kreisligist Blau-Weiß Ellas und Sporting Clube sowie Jugendtrainer beim FC ST. Pauli – B- Regionalliga- mit gutem Freund Jens Hackstein) folgten.
Panagoitidis war auch einige Zeit Stützpunkttrainer in Nettelnburg. Hier hatte er u.a. die späteren 85-Spieler Jan Landau und Oliver Ioannou unter seinen Fittichen. Dimi:“ Obwohl auch Dennis Daube, der jetzige Profi-Kiezkicker, zu meinen Jungs gehörte, war Jan damals , obwohl erst 12 Jahre, am weitesten.
Dann hagelte es viele Meister- und Pokaltitel mit dem FC La Ola in Hamburgs Freizeitliga.
Freizeitliga, ist das nicht unter Dimis Niveau? „Ach quatsch, wenn Du Freude am Fußball hast, mit Freunden zusammen kicken möchtest und nicht arrogant bist, ist das genau richtig so- außerdem spielten da noch andere berühmte Fußballer , wie z.B. Matte Reincke bei Fortuna Stasch“

Heute ist der fast 50ig jährige u.a. als Spielerberater aber hauptsächlich als „Macher“ des Kinderspassverein Hamburg e.V. tätig.
Voller Leidenschaft erzählt Dimi von seiner Berufung:
Dieser Verein bietet Sportangebote für Kinder und Jugendliche (Jungs und Mädchen im Alter von 5-13) vor allem in den Hamburger Schulferien. Eine Rundumbetreuung findet z.B. in wöchentlichen sog. Trainingscamps in der Zeit von 9:00 Uhr – 17:00 Uhr inkl. gesunder Vollverpflegung statt. Für die Kids stehen Fußball, Tanzen ,Selbstverteidigung und Abenteuerspiele auf dem Programm. Außerdem besucht man das Profitraining des HSV oder des FC St. Pauli.. (und zum Paddeln, Reiten, Schlittschuhlaufen geht’s auch manchmal)
Mit diesen günstigen Angeboten (75,00 EUR für 5 Tage) möchte man besonders auch Kinder aus sozial schwachen Gegenden ansprechen. Zitat Dimi : „ ZumVergleich, für Babysitter zahlt man 10,00 EUR / Stunde, so günstig sind wir. Wir haben absolut das Soziale im Blick!“
Alle Infos zum Verein gibt es hier:

Dimitrios Panagiotidis wäre sogar fast in der Gegenwart wieder bei den Elstern gelandet. Berkan Algan , ein guter Bekannter Dimis, wollte ihn nach der Winterpause gerne als Co-Trainer an seiner Seite haben. Aber bekanntlich ist alles anders gekommen..
Schade, denn dieser tolle unkomplizierte Typ ist für jeden Verein eine Bereicherung.

Zum Schwarz-Weiß-Foto: Hier sieht man Dimi zu seiner aktiven Zeit während des Trainingslagers des SCN mit Ulf Schmücker. Man beachte das Trikot. Hierzu eine letzte Anekdote: "Das Trikot hat mir Fred Keller geschenkt. Er wusste, dass ich damaliger Bayernfan war und hat mir dann sein Souvenir aus dem Bayernspiel geschenkt. Das Trikot mit der Nr. 8 von seinem Gegenspieler Wolfgang Dremmler" Was für eine Geste, über die sich Dimitrios Panagoitidis noch heute freut.

Tim Scharfenberg
Redaktion 85live