Von den
aktuellen Elstern-Spielern wird kaum einer was mit dem Namen Klaus Vogel
anfangen können. Würden aber die 85-Kicker Ihre Trainer fragen, wer das denn
sei, Jörg Franke und Jürgen Paap würden
ins Schwärmen geraten…
Wir sind sehr
froh, dass wir mit dem langjährigen Kapitän des ASV Bergedorf 85, der ein
ganzes Jahrzehnt an den Sander Tannen mitprägte, ein Interview führen durften.
Vielen Dank
auch an Detlef Schlottmann, der den Kontakt herstellte.
(Zum Vergrößern der Zeitungsartikel einfach auf das Bild klicken)
85live: Herr
Vogel, wenn man mit langjährigen Elsternfans über alte Zeiten spricht, fällt
immer wieder ein Name: Klaus Vogel ! Sie waren gefühlt eine halbe Ewigkeit
Kapitän des ASV Bergedorf 85. 1971 wechselten Sie vom SC Concordia zu den
Elstern. Was waren die Gründe für den Wechsel und können Sie sich noch an Ihr
erstes Spiel im 85-Trikot erinnern?
Klaus Vogel: Der
damalige Trainer bei Concordia - Reinhold Ertel - war mehr fixiert auf die
älteren Spieler und gab den jungen Spielern kaum Einsätze und somit Chancen
sich weiter zu entwickeln. „85“ hatte dagegen mit Heinz Werner einen Trainer
der die jungen Spieler gefördert hat. Wie man jetzt im nachhinein weiß, war der
Wechsel eine sehr gute Entscheidung von mir.
Das erste Pflichtspiel für „85“ war gegen Göttingen 05 im DFB Vereinspokal. Wir
verloren 2:4 vor ca. 2.000 Zuschauern.
1. Pflichtspiel vs. Göttingen |
85live: Unser
Chronist erinnert sich in seinem Rückblick an Ihr erstes Auftreten mit
Bergedorf im Rückspiel im Stadion Marienthal: „Pfiffe gab es bei der Durchsage
der Mannschaftsaufstellungen, das Wandsbeker Publikum konnte dem Ex – Spieler
Klaus Vogel nicht verzeihen, daß er seine Zelte in Bergedorf aufgeschlagen hat.
Die Pfiffe hätte sich das Publikum besser gespart, denn die hatten auf Klaus
Vogel eine stimulierende Wirkung: in der 6. Spielminute überwand er Torhüter
Hofsommer mit einem Kopfball zum 1 : 0 für den ASV“
Zeitungsausschnitt Cordi-85 |
Sie waren
in der ersten Saison sehr torgefährlich und haben auch einige Buden gemacht.
Auf welcher Position haben Sie damals gespielt? Hat Trainer Heinz Werner Sie
genau richtig eingesetzt?
Klaus Vogel: Das
stimmt. Ich wurde mit Pfiffen empfangen. Das hat mich eher motiviert als
verunsichert. Ich habe 1 Tor geschossen, die Zuschauer wurden ruhig und wir
wurden durch ein 2:1 vor ca. 4.000 Zuschauern vorzeitig Meister.
Ich habe in der 1. Saison 12 Tore gemacht. Trainer Werner hat mich im defensiven Mittelfeld - heute würde man sagen - auf die „6“ eingesetzt. Zu diesem Zeitpunkt genau die richtige Position für mich. Ich konnte meine läuferischen und spielerischen Fähigkeiten gut einsetzen.
Ich habe in der 1. Saison 12 Tore gemacht. Trainer Werner hat mich im defensiven Mittelfeld - heute würde man sagen - auf die „6“ eingesetzt. Zu diesem Zeitpunkt genau die richtige Position für mich. Ich konnte meine läuferischen und spielerischen Fähigkeiten gut einsetzen.
85live: Viele
Jahre waren Sie Libero an den Sander Tannen. Viele jüngere Fans wissen mit
diesem Begriff gar nichts mehr anzufangen. Wie würden Sie die Rolle des Liberos
beschreiben und was halten Sie von der nun im „modernen Fußball“ praktizierten
Viererkette?
Klaus Vogel: Die
Position des Liberos wurde ja von Franz Beckenbauer erst richtig populär. Er
funktionierte die frühere Position des „Stoppers“ oder „Ausputzers“ in die des
modernen Liberos um. Ein Libero hat das ganze Spiel vor Augen. Er kann es
sozusagen lesen, vorausdenken und dementsprechend immer schon dort sein wo der
Ball ist. Er kann seine Vorderleute dirigieren. Er bestimmt, ob er vor oder
hinter der Abwehr spielt und kann sich immer wieder mit in den Angriff
einschalten. Es war in dem System eine sehr wichtige Position aus der man sehr
viel gestalten kann.
Die Viererkette ist eine Abwehrformation mit je zwei Außen und Innenverteidigern. Die Viererkette wird meistens mit Raumdeckung gespielt. Die beiden Innenverteidiger spielen meistens im Übergabesystem gegen die beiden gegnerischen Stürmer.
Die Viererkette ist eine Abwehrformation mit je zwei Außen und Innenverteidigern. Die Viererkette wird meistens mit Raumdeckung gespielt. Die beiden Innenverteidiger spielen meistens im Übergabesystem gegen die beiden gegnerischen Stürmer.
Ich habe mich als Libero sehr wohl gefühlt und meine Freiheiten genossen. Das konnte ich aber auch nur deshalb weil u.a. mit Daniel Glogowski ein unglaublich starker Vorstopper vor mir stand, er hat mein offensives Spiel überhaupt erst möglich gemacht. Er war eine richtige „Kante“ und hat mir im Abwehrbereich viel Arbeit abgenommen. Er war ein toller Spieler und Freund. Leider ist er viel zu früh verstorben.
85live: Was
waren die herausragenden Ereignisse bzw. Spiele in Ihrer Fußballlaufbahn?
Klaus Vogel: Ich
habe im Laufe meiner 13-jährigen aktiven Zeit bei „85“ viele herausragende
Spiele bestritten. Dazu gehören die vielen Aufstiegsrundenspiele wie z.B. gegen
Lüneburger SK vor 10.000 Zuschauern. Norbert Meier und Kay Petersen
„kassierten“ die rote Karte von Schiedsrichter Osmers. Wir verloren 1:0 und
stiegen nicht auf. Das Spiel endete noch mit einem Eklat weil der Vater von
Norbert Meier nach dem Spiel den Schiedsrichter Osmers
mit dem Regenschirm attackierte. Neben den ganzen Aufstiegsrundenspielen ist das größte Highlight natürlich das DFB Pokalspiel gegen Bayern München gewesen. Natürlich
zählten auch die Ortsderbys gegen die TSG Bergedorf dazu.
mit dem Regenschirm attackierte. Neben den ganzen Aufstiegsrundenspielen ist das größte Highlight natürlich das DFB Pokalspiel gegen Bayern München gewesen. Natürlich
zählten auch die Ortsderbys gegen die TSG Bergedorf dazu.
85live: Natürlich
ist das Pokalspiel 1982 gegen den FC Bayern München darunter. Sie waren
zusammen mit Lutz Bendler Spielertrainer, weil der bisherige Trainer Gerd Mewes
von sich aus aufgehört hatte. Wie kam es zu diesem ungewöhnlichen
Spielertrainerduo?
Klaus Vogel: Gerd
Mewes hatte sich mit dem Vorstand überworfen und von heut auf morgen aufgehört.
Lutz Bendler und ich als Mannschaftsführer haben dann kurzfristig den Job übernommen.
Später wurde dann Peter Rohrschneider als Trainer verpflichtet.
Lutz Bendler und ich als Mannschaftsführer haben dann kurzfristig den Job übernommen.
Später wurde dann Peter Rohrschneider als Trainer verpflichtet.
85live: Und
dann das unglaublich und wirklich legändere Pokalspiel (zu einer kleinen Dia-Show) gegen Breitner, Hoeness,
Rummenigge und Co mit dem Ausgleich der Bayern zehn Sekunden vor
Schluss. Sorry für die einfallslose Frage. Was fühlten sie in diesem
Moment, als Dieter Hoeness einköpfte? Wie bewerten Sie die Folgen? Hätte die
Geschichte des ASV mit einem Sensationssieg anders geschrieben werden können?
10 Sekunden vor Schluss... |
Klaus Vogel: In
dem Moment war ich sehr enttäuscht, weil ja nur ein paar Sekunden zur Sensation
fehlten. Aber, es sollte nicht sein. Ich war sehr Stolz auf unsere Truppe. Wir
hatten unglaubliches geleistet. Das war der Höhepunkt meiner Laufbahn als
Fußballer. Solche Spiele machst du als Amateur „nicht oft“. Der nächste Gegner
wäre Eintracht Braunschweig gewesen. Ich glaube nicht, dass wir diese Leistung
noch einmal hätten abrufen können. Braunschweig spielte damals auch in der
Bundesliga. Das
Bayernspiel hatte aber auch negative Nachwirkungen für unsere
Punktspiele. Die Gegner waren plötzlich ganz anders motiviert gegen uns, was
zur Folge hatte das wir die Saison im unteren Tabellenende abschlossen. Das war
die schlechteste Platzierung meiner 13-jährigen Zeit bei „85“.
Klaus Vogel auf der Titelseite |
85live: Treffen
Sie sich noch ab und zu mal mit Spielern aus diesem Pokalteam, haben Sie noch
zu Ihrem Trainerkollegen Lutz Bendler Kontakt?
Klaus Vogel: Mit
den Spielern aus dem Pokalteam habe ich keinen Kontakt mehr. Aber ich habe
regen Kontakt zu früheren 85-Spielern wie Reiner Schmidt und Wolfgang Drews.
Wir sind immer noch eng befreundet.
85live: Wann
und gegen wen war Ihr letztes Spiel für 85. Danach haben Sie sich ganz
auf den Beruf und Familie konzentriert…
Klaus Vogel: Mein
letztes Spiel für „85“ war 1983 gegen VFL Stade. Danach habe ich die
Trainerlaufbahn eingeschlagen. Meine erste Station war TuS Aumühle (5 Jahre)
dann
TSG Bergedorf (5 Jahre), ETV (2 Jahre), SV Tonndorf-Lohe (1 Jahr) und abschliessend SC Willinghusen (7 Jahre).
TSG Bergedorf (5 Jahre), ETV (2 Jahre), SV Tonndorf-Lohe (1 Jahr) und abschliessend SC Willinghusen (7 Jahre).
85live: Verfolgen
Sie noch das Geschehen im Hamburger Amateurfußball und vielleicht auch die
Entwicklung von Bergedorf 85 ?
Klaus Vogel: Ich
verfolge sehr wenig das Geschehen im Hamburger Amateurfußball. Meine
jetzige
sportliche Herausforderung ist das Golfen im Golf Gut Glinde. Ich spiele mit
meiner Familie. Das bringt viel Spaß und man bewegt sich im „hohen Alter“.
85live: Was
haben Sie aus Ihrer langen Zeit als Fußballer „fürs Leben mitgenommen“? Was
raten sie jungen Butjes, die vielleicht auch so eine lange Fußballkarriere wie
Sie, noch vor sich haben?
Klaus Vogel: Damals
hatten wir nur den Fußball. Morgens um 9 Uhr sind wir auf den Bolzplatz
gegangen und abends um 18 Uhr verschmutzt zurückgekehrt. Es gab kein Handy,
Internet usw. Diese Zeiten damals und heute kann man nicht vergleichen. Ich
rate jedem Kind sich sportlich zu betätigen. Es gibt eine Menge Sportarten.
Egal was, es muss Spaß machen.
85live: Vielen
Dank für das Interview und alles Gute für Sie !!
Klaus
Vogel: Vielen Dank für Ihre Interviewanfrage
Fotos +
Zeitungsausschnitte : privat - von Klaus Vogel zur Verfügung gestellt.
Klaus Vogel, eines meiner großen Idole der 70er und 80er Jahre. Schön, dass man solche tollen Sportsmänner nicht vergessen hat. Ich lese solche Berichte/Interviews über die "Alten" immer sehr gerne. Vielen Dank und weiter so!
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