Es läuft die letzte Minute der regulären Spielzeit. Quevilly im Angriff, schon im Strafraum, einfach abgezogen - und klatsch!! - das Spielgerät geht an den Pfosten. Die größte und leider auch die letzte Chance für den Viertligisten. Paris Saint-Germain gewinnt mit 1-0 und zieht ins französische Pokalfinale ein. Aber Quevilly feiert trotzdem, noch Minuten nach Abpiff gibts Standing Ovations für das Amateurteam. Zurecht, sind es doch die Gelb-Schwarzen, von denen man noch lange danach sprechen wird. "Un grand grand merci a Quevilly," sagte der Radiokommentator nach der Partie. Denn für wahr, der Pokal schreibt seine eigenen Gesetze...
Am heutigen Mittwochabend steigt um 20.45 Uhr das 2.Halbfinale des französischen Pokals. Na und ?, werden da viele sagen, die sich nicht gerade für den internationalen Fussball erwärmen können. Im Grunde auch nichts weltbewegendes, wäre da nicht das kleine Quevilly - ein Viertligist! Dieser hat es sensationell ins Pokalhalbfinale geschafft und empfängt heute das übermächtig erscheinende Paris-Saint-Germain - zum Duell David gegen Goliath.
Wie Bergedorf, ist auch Quevilly ein Vorort und liegt vor den Toren der Stadt Rouen in der Normandie. Knapp 21.000 Einwohner zählt die Stadt. Was den Pokal betrifft, darf Quevilly aber auch gerne mit dem "gallische Dorf" verglichen werden. Denn auf dem Weg ins Halbfinale bezwangen die Gelben erst einen Zweitligisten, um anschließend mit Rennes (1-0) und Boulogne (3-1) gleich zwei Vertreter aus der "Ligue 1" aus dem Wettbeweb zu kegeln - und das alles ganz ohne Zaubertrank und Druiden!
Gänzlich unbekannt in den Fussballsphären der "Grande Nation" ist Quevilly allerdings nicht. 1968 schaffte man schon einmal den Einzug in die Runde der letzten vier, rund 40 Jahre davor sogar ins Finale. In den 70ern spielten die Normannen einige Jahre in der 2.Liga, um dann den finanziellen Kollaps zu erleiden und wieder von ganz unten neu anzufangen. Aktuell sind die Mannen von Trainer Regis Brouard Fünfter der CFA, Gruppe D (4.Liga).
Apropos unten: Dort befindet sich gerade Paris-Saint-Germain, auf und neben dem Platz. Während die stets mit hohen Ambitionen aufwartenden Pariser trotz großem Budget und einflussreichen Sponsoren (Beazhlsender Canal+) zum wiederholten Mal eine enttäuschende Saison in der Ligue 1 spielen, sind es die "Fans" der blau-roten, die regelmäßig für negative Schlagzeilen sorgen. Zuletzt musste man drei Partien unter Ausschluss der Öffentlichkeit austragen.
So ist es wenig verwunderlich, dass der französische Verband FFF Quevily untersagt hat, das Halbfinale im heimischen Stade-Lozai (2500 Plätze) auszurichten. Auch das Stadion in Rouen genügte den für dieses Spiel extra verschärften Auflagen nicht. So müssen die Gelb-Schwarzen ins rund 100 Kilometer entfernte Caen ausweichen. Aber alles nur halb so schlimm, denn die Pariser spenden die ihnen zustehenden 50% der Einnahmen an den Viertligisten. Bei einem Fassungsvermögen von 21.000 Fans schon ein beachtliches Sümmchen. Und es wird voll! Zwar dürfen PSG-Fans aufgrund eines Verbots ihre Mannschaft nicht live unterstützen, dafür werden jedoch weit über 5000 Fans aus Quevilly erwartet. Für sie gibt es einen extra eingerichteten, kostenlosen Bustransfer.
Und auch die Spieler gehen nicht leer aus. Von Ausrüster Nike bekommen sie werbewirksam Schuhe gestellt. Bei Erreichen des Finals gibts 8000 Euro pro Nase - auf jeden Fall sicher ist ihnen die Hälfte der Einnahmen. Damit wollen sie dann nach Saisonende gemeinsam in den Urlaub nach Spanien reisen. Zuvor bereitet sich das Team jedoch vor, wie echte Profis. Seit Sonntag ist man zusammen im Trainingslager. Es wird nichts dem Zufall überlassen.
Der französische Pokal scheint den kleinen Vereinen, den "petit poucets", sehr wohl gesonnen, ist es doch nicht das erste Mal, dass sie im Wettbewerb für Furore sorgen. Regelmäßig schaffen sie es ins Achtel- oder Viertelfinale. 2000 scheiterte Viertligist Calais knapp im Finale. Ein Jahr später ereilte Drittligist Amiens das gleiche Schicksal.
Ach, wenn der DFB-Pokal doch auch so amateurfreundlich wäre...("träum"). Denn während hierzulande fast immer die gleichen Teams um den Einzug ins Olympiastadion kämpfen, die letzte echte Sensation schon Jahre zurückliegt (2001 Dritligist Union Berlin), schickt sich Viertligist Quevilly wahrhaftig an, als nächster kleiner Verein im "Stade de France" um dei "Coupe de France" zu spielen (im 'Finale am 1.Mai würde übrigens der AS Monaco warten). Und sollte Quevilly das Wunder gelingen, dann dürfte der Spanienurlaub nochmals verlängert werden...
Wer des Französischen etwas mächtig ist, oder einfach mal hören möchte, wie Fussballkommentatoren in Frankreich ausflippen, der kann das Halbfinale ab 20.45 Uhr im Radio verfolgen. http://radio.rtl.fr/player.html
Hier der Link zur Vereinsseite von Quevilly
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